Eine Frau verlangt von ihrem Vater Rechenschaft über sein Verhalten währenddes Krieges. (DR) Hans Musbach, kultivierter Bewohner eines Seniorenheims, wird von seiner Tochter mit dem Katalog der Ausstellung "Verbrechen im Osten" konfrontiert. Sie möchte wissen, was er zu diesen Bildern zu sagen hat. Der Vater reagiert befremdet und ärgerlich, schließlich weiß seine Tochter doch recht gut, dass er seit jeher den Nationalsozialismus verurteilt hat und in seiner Tätigkeit als Gymnasialprofessor seine Schüler eindringlich vor totalitären Ideologien gewarnt hat. Doch die Tochter bleibt hartnäckig und so beginnt er von seiner Zeit als Infanteriesoldat in Russland zu erzählen. Die Erinnerung anAngst, Hunger, Kälte, an schreckliche Verwundungen und Verluste von Kameraden erschüttern den alten Mann zutiefst. Auch die Tochter ist berührt, wird aber zusehends ungeduldig. Was hat ihr Vater zu den Verbrechen der Wehrmacht zu sagen, hat er denn davon nichts mitbekommen? Die Auseinandersetzung mit der Schuldfrage ist das Thema der Nachkriegszeitund es ist klar, dass der Holocaust und die Kriegsschuld in zahlreichen Werken der Literatur nach 1945 eine Rolle spielen. Wer Ulla Hahn als Lyrikerin kennt und schätzt, mag sich vielleicht etwas bang fragen, ob sie nicht an diesem Thema, das literarisch schon oft und eindrucksvoll behandelt wurde, scheitern wird. Nach der Lektüre darf man diese Frage getrost verneinen. Engagiert, ohne Pathos und Schwarzweißmalerei setzt sie sich mit Schuld, Mut und menschlichem Versagen auseinander. Sie weiß auch um die Gefahr der Verharmlosung von Grauen trotz bester Absichten. Tragen nicht auch Spielfilme und Fernsehserien, die sich mit dem Holocaust und demKrieg beschäftigen, dazu bei, das Grauen erträglicher, fiktiver zu machen? Man spürt, dass sich die Autorin redlich bemüht, nicht in diese Falle zu tappen. Entstanden ist ein spannender Roman, der jene Leser und Leserinnen wohl ganz besonders fesseln wird, die ebenfalls Klarheit über die Rolle, die ihre Väter im Krieg gespielt haben, erlangen wollen. *bn* Ingrid Kainzner

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Personen: Hahn, Ulla