Die aktuellen Verhältnisse in Tschetschenien, exemplarisch dargestellt in einer fortlaufenden Erzählhandlung. (GP) Die Autorin, deutsche Rundfunkjournalistin, hat wiederholt und eingehend in Tschetschenien recherchiert. Das Buch ist so etwas wie die Summe der gewonnenen Einsichten - Menschenleben und -schicksale, fokussiert im Geschick einer - fiktiven - Familie. Sabine Adler zeichnet ein Bild der sozial-religiösen, aber auch wirtschaftlichen Strukturen und Lebensbedingungen. Klar erscheint die Diskrepanz zwischen den allgemeinen Levels zu Ende des 20. Jahrhunderts und den anscheinend zeitlosen, um nicht zu sagen archaischen Bedingungen: absolute Dominanz alles Männlichen in den gesellschaftlichen Normen (samt religiösem Fundament) bis hin zur Blutrache. So sind die Frauen, deren Perspektive hier auch die Erzählebene markiert, wie selbstverständlich Werkzeug und Opfer ihrer Brüder, Ehemänner, Väter. Zugespitzt auf das Phänomen der "Schwarzen Witwen", den Selbstmordattentäterinnen, kulminiert die Handlung in der Geiseltragödie im Moskauer Musicaltheater. Einzig die Titelfigur vermag sich, wenn auch mit Verletzungen, den Zwängen zu entziehen. Schutzhaft (einmal positiv verstanden) und eine neue Identität durch die Russischen Behörden sind der - singuläre - Ausweg. Gerade aber weil die Handlung wohl der tatsächlichen Realität entspricht, ergeben sich viele grundlegende Fragen, die hier offen bleiben (müssen). Ein genereller sachinformativer Anhang (etwa Glossar und historischer Abriss) wäre daher nützlich gewesen.
Personen: Adler, Sabine
Ge 4.532 Adle
Adler, Sabine:
Ich sollte als Schwarze Witwe sterben : die Geschichte der Raissa und ihrer toten Schwestern / Sabine Adler. - Stuttgart : DVA, 2005. - 348 S.
ISBN 978-3-421-05871-3 fest geb. : ca. € 20,50
Geschichte de Sowjetunion (1917-1990) und Rußlands (seit 1990) - Buch