Im zweiten Band des Kommentars werden diejenigen Abschnitte in der Mitte des Römerbriefs ausgelegt, in denen Paulus auf zwei Einwände antwortet, die von jüdischer Seite aus gegen seine grundlegende Darlegung des Christusevangeliums in 3,21 - 5,21 erhoben werden, nämlich: 1) "Die Rechtfertigung des Sünders allein durch Gottes Gnade ohne Gesetzteswerke kann ncihts anderes bedeuten als Rechtfertigung der Sünde, Revolte gegen das Mose-Gesetz, Auflösung der Grundlagen christlicher Ethik". Paulus bestreitet das: er legt die Taufe als wirkliche Gerechtmachung und ständige Indienstnahme für die Sache der Gerechtigkeit Gottes aus (Röm 6). Und er lehrt die Gabe der Taufe, den Geist, als die Kraft zu solcher Erfüllung des Gesetzes im Tun der Gerechtigkeit verstehen (Röm 8), indem er sie mit der faktischen Aussichtslosigkeit der Lage des Sünders unter dem Gesetz konfrontiert (Röm 7). Allein in Christus gibt es Gerechtigkeit. Allein in Christsus gelangt das Gesetzu zu seiner Erfüllung. - 2) "Die Gnade, die ohne Unterschied alle Menschen als Sünder zum endzeitlichen Leben rettet, Juden wie Heiden, bedeutet den Bruch der Erwählungsgeschichte Gottes mit Israel, seinem Eigentumsvolk". Paulus bestreitet das: Zwar ist Gott in seiner Gerechtigkeit frei, innerhalb des Volkes Israel von Anfang der Erwählungsgeschichte an zu erwählen und zu verwerfen, wen er will, also auch in der Gegenwart Irsraels zu exkommunizieren und die Heiden zu berufen (Röm 9). Und wohl ist es wahr, dass Israel den Erweis der Gottesgerechtigkeit in Jesus, dem Christus, verworfen hat, obwohl es die Verkündigung des Evangeliums hörte (Röm 10). Daraus würde tatsächlich die Verwerfung Israels folgen: Aber die Kraft der Gnade, Gottes Barmherzigkeit, ist so übergroß, dass sie am Ende auch ganz Israel zusammen mit allen Völkern in die Wirklichkeit des Endheils führen wird (Röm 11).
Es ist klar, dass im Durchdenken dieser beiden Abschnitte des Römerbriefs unter wirkungsgeschichtlichem Aspekt einerseits das ökumensiche Gespräch über die Taufe sowie über das Gesetz und über Theologische Anthroplogie, andererseits das christlich-jüdische Gespräch breit einbezogen werden muss. Es ist überraschend, wie aktuell wichtig es werden kann, auf die Stimme des praeceptor gentium zu hören.
Serie / Reihe: Evangelisch-Katholischer Kommentar zum Neuen Testament
Personen: Wilckens, Ulrich
ARCHIV
Wilckens, Ulrich:
¬Der¬ Brief an die Römer : 2. Teilband; Röm 6-11 / Ulrich Wilckens. - Neukirchen-Vluyn : Neukirchener Verl.-Haus, 1980. - 274 S. - (Evangelisch-Katholischer Kommentar zum Neuen Testament; Band VI/2)
ISBN 3-7887-0615-5
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