Die bis heute kontroverse Identifizierung der vom Judasbrief bekämpften Dissidenten erfodert eine sehr eingehende Textbefragung. Als am ehesten begründbar befürwortet der Kommentar die Hypothese, dass schon die Kontrahenten des Judasbriefes den Galuben an die Parusie Christi, konkreter: die überlieferten Pausieankündigungen verwarfen. Keine hinreichenden Anhaltspunkte finden sich für die Klärung der Frage, womit sie dies über ihre Beanspruchung des Pneumabesitzes hinaus begründeten.
Der Kommentierung des Judasbriefes folgt die des 2. Petrusbriefes. Das ist bedingt durch den detailliert begründeten Umstand, dass sich der spätere Verteidiger des Parusieglaubens vom Judasbrief zu seinem Argumentationsverfahren mit altbiblischer Real- und Verbalprophetie inspieren ließ und er jenen ebenso frei wie ausgiebig benutzte. Es hat sodann seine guten Gründe, dass er sich - wie schon sein Vorgänger - zur Widerlegung der Parusiespötter auf die Zitierung und direkte Verteidigung der Pausieverheißungen Jesu und/oder der Apostel nicht einließ. Im Unterschied zu jenem lässt er die "Pseudolehrer" aber ausdrücklich die Nichterfüllung der Naherwartung und den Fortgang des natürlichen Weltgeschehens als konkrete Gegenargumente anführen.
Als strittige Einzelpunkte seine erwähnt: die Frage nach dem gnostischen (oder doch zur Gnosis tendierenden) Charakter der Opponenten beider Briefe, nach der Begründung ihres präsentischen Heilsverständnisses, nach der Bewertung des formellen Zitates aus dem "apokryphen" Henoch (Jud 14f), sodann die disparate Auslegungs- und Wirkungsgeschichte von 2 Petr 1,4b, der die christlichen Konfessionen seit der Reformationszeit noch mehr bewegende Streitpunkt, was sich aus 2 Petr 1,20f für die Frage, wer zur Auslegung "der Schrift" berechtigt ist, erschließen lässt und was nicht, des weiteren die Frage, welche theologische Relevanz die exorbitanten kosmologischen Aussagen von 2 Petr 3,5-13 im Rahmen der übrigen neutestamentlichen Aussagen zum Endschicksal der außermenschlichen Schöpfung beanspruchen können. Schließlich befasst sich ein Exkurs mit dem gemeinplatzartigen Verdikt, der 2. Petrusbrief lasse die christologische Orientierung (der apostolischen Eschatologie) vermissen und ersetze diese durch eine anthropologisch orientierte Vergeltungslehre.
Serie / Reihe: Evangelisch-Katholischer Kommentar zum Neuen Testament
Personen: Vögtle, Anton
ARCHIV
Vögtle, Anton:
¬Der¬ Judasbrief / Der zweite Petrusbrief / Anton Vögtle. - Neukirchen-Vluyn : Neukirchener Verl.-Haus, 1994. - 281 S. - (Evangelisch-Katholischer Kommentar zum Neuen Testament; XXII)
ISBN 3-7887-1437-9
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