Die vermeintlichen Tatsachen, die den hegemonialen Umgang mit Identität und Geschlecht in Form etwa von Normen und Rollenvorgaben legitimieren, stellt auch Jörg Bernardys Buch „Mann, Frau, Mensch“ in Frage. In einem sokratischen Fragespiel, das (Selbst-)Erkenntnis durch bewusstes In-Sich-Gehen anregt, führt Bernardy die Leser*innen engagiert und behutsam an die vielfältigen sozialen Formungen menschlicher Existenz heran. „Schaut man mal genauer hin und fragt sich, was am eigenen Ich-Gefühl eigentlich männlich oder weiblich ist, findet man erstaunlich wenig Handfestes“, heisst es gleich zu Beginn. Von dieser Dekonstruktion ausgehend, öffnen Bernardys Fragen und Überlegungen zu so komplexen Bereichen wie Identität, Umfeld, Körper, Liebe, Beruf und Zusammenleben im Zusammenspiel mit den spannenden Text- und Bildbeiträgen vieler junger Künstler*innen einen großartigen Raum, um individuelle wie gesellschaftliche Existenz neu und anders zu denken. Irritierend ist, dass Bernardy fast einzig mit „klassischen“ männlichen Koriphäen der Philosophiegeschichte argumentiert. Kaum Raum findet er für die Denker*innen und Aktivist*innen der Frauen-, Geschlechter-, Queer- und Trans-Theorie, -Forschung und -Bewegung. Ihre Erkenntnisse bilden zwar oft das Fundament seiner Überlegungen; beim Namen genannt und damit sichtbar gemacht werden sie allerdings nicht. Und das steht eigentlich im Kontrast zur emanzipatorischen Grundhaltung des Buches, das auch auffordert, jenseits der Konventionen zu denken und Ausschlüssen zu kritisieren. Siehe weiters: Julia Korbik: How to be a girl
Altersempfehlung: ab 18 Jahren.
Medium erhältlich in:
38 KÖB St. Matthias,
Niederschelderhütte
Personen: Bernardy, Jörg
Na Berna
Bernardy, Jörg:
Mann Frau Mensch : Was macht mich aus? / Jörg Bernardy. - Weinheim : Beltz & Gelberg, 2018. - 154 S. : Ill.
ISBN 978-3-407-75442-4 fest geb. : ca. € 17,50
Naturwissenschaften, Medizin, Mathematik - Buch