Historischer Roman um das Verschwinden Einsteins vor seiner geplanten Nobelpreisrede in Göteborg im Sommer 1923. (DR) Göteborg 1923: Die Stadt feiert ihr 300-jähriges Bestehen und im Zuge dieser Festlichkeiten soll der bekannte deutsche Physiker Albert Einstein seine (verspätete) Rede zur Verleihung des Nobelpreises halten. Jedoch - und das ist historisch - der Nobelpreisträger kommt zu spät und hält seine Vorlesung erst zwei Tage später. Was ist geschehen? Die bekannte schwedische Schriftstellerin und Journalistin Marie Hermanson nimmt dieses historische Faktum zum Anlass, eine mögliche Variante der Geschehnisse zu erzählen (wobei sie im Nachwort deutlich zwischen historischen Daten und fiktiven Elementen ihres Romans unterscheidet). Das Ergebnis ist eine spannende Geschichte um einen berühmten Mann, die nicht so war, aber vielleicht so passiert hätte sein können. Als historischen Roman allein kann man dieses Werk meines Erachtens nicht charakterisieren, vereint es doch auch Elemente eines Krimis, eines Gesellschaftsromans und einer zarten Liebesgeschichte. Die Handlung wird kapitelweise aus der Perspektive der vier Hauptpersonen erzählt: Eingerahmt wird die Handlung von Rückblenden Ottos aus dem Jahr 2002, der im Sommer 1923 als Eselsjunge bei den Göteborger Feierlichkeiten die Kinder unter den AusstellungsbesucherInnen mit dem Esel durch das Messegelände führte. Unter den Albert-(Einstein)-Kapiteln erfahren die LeserInnen, wie der Nobelpreisträger schon zuhause in Deutschland mit zunehmendem Antisemitismus zu kämpfen hat und auf der Anreise nach Göteborg fast einem antisemitisch motivierten Anschlag zum Opfer fällt, jedoch auch von unerwarteter Seite (nämlich von Otto) Hilfe erfährt. Unter den Kapiteln Ellen - Jungjournalistin bei der Messezeitung - und Nils - ermittelnder Polizist - wird die Spannung mit der Suche nach dem verschwundenen Einstein und dem Versuch, den Nobelpreisträger vor seinen Feinden zu finden und vor weiteren Anschlägen zu bewahren, vorangetrieben. Nebenbei erfährt man so einiges über die gesellschaftlichen Aufbrüche und Veränderungen im Göteborg der 1920er-Jahre. Ein Roman, der - abgesehen von einem interessanten Plot - einen tiefgehenden Einblick in die Abgründe und Hoffnungen einer schwedischen Kleinstadt auf dem Weg zur Großstadt in den 1920er-Jahren bietet. Sehr empfehlenswert.
Personen: Hermanson, Marie
Hermanson, Marie:
¬Der¬ Sommer, in dem Einstein verschwand / Marie Hermanson. - Frankfurt am Main : Insel Verl., 2020. - 371 Seiten. - aus dem Schwedischen übersetzt
ISBN 978-3-458-17846-0 fest geb. : EUR 22,00
Schöne Literatur - Signatur: Herma - Buch