Geld verdirbt den Charakter - so auch im neuen Roman von Ingrid Noll. (DR) Fünf junge Freunde gründen im von Tante Emma geerbten Bauernhaus eine WG und wollen es der Wegwerfgesellschaft zeigen. Den schrulligen Nachbarn, der sich schnell mal unerlaubt den Griller ausleiht und am nächsten Tag wieder zurückstellt, erbt die WG gleich mit. Ganz will man aber nicht auf Komfort verzichten und so muss schnell Geld her, um die Sanitäreinrichtungen zu erneuern und eine Heizung und neue Fenster einzubauen. Die Freunde versuchen dabei alles, was Emma in ihrem Haus angesammelt hat, zu Geld zu machen: Leinenwäsche, alte Bauernmöbel, Gerätschaften, Geschirr und schließlich auch einen Goldschatz, den zwei der Freunde eines Tages im Schuppen finden und von dem sie den anderen zunächst nichts erzählen. So nimmt das Verhängnis seinen Lauf und bald ist das Gerüst aus Lügen und Geheimnissen so dicht gewebt, dass niemand mehr sicher ist, ob er wirklich alles über den anderen weiß. Der Plot ist gut, aber schlecht umgesetzt: Das Buch hat immense Längen. Immer wieder sitzt man als Leser_in mit der WG gemeinsam beim Abendessen, fährt mit ihnen zusammen zur Uni und streitet sich, wer heute mit dem Kochen dran ist. Über weite Strecken passiert nicht viel bzw. nichts für die Handlung Relevantes, das ermüdet während des Lesens. Ingrid Noll versucht mit ihren 83 Jahren in ihrer Beschreibung der heutigen Jugend gerecht zu werden, hat dabei aber vergessen, dass heutzutage nur mehr wenige Jugendliche beispielsweise Goethe überhaupt kennen, geschweige denn beinahe den gesamten "Faust" fehlerfrei rezitieren können. Bei diesen Schilderungen und Eigenheiten hat man sofort eine WG aus den 70ern, aber keine aus der Gegenwart vor Augen. Fazit: Das Buch ist nur etwas für treue Noll-Leser_innen, das lahme Tempo könnte abschreckend wirken.
Personen: Noll, Ingrid
Noll, Ingrid:
Goldschatz. - Zürich : Diogenes, 2019. - 357 S.
ISBN 978-3-257-07054-5 Gewebe : EUR 24,00
Schöne Literatur - Signatur: Noll - Buch