"Leben in einer düsteren Gesellschaft voller Avatare" - eine autobiografische Familiengeschichte. (DR) In Friedberg, einem kleinen Städtchen in Hessen, wächst der Autor Andreas Maier in einer Familie auf, deren Idyll langsam zu bröckeln beginnt. Der Roman steigt mit einer minutiösen Beschreibung der familieneigenen Besitzverhältnisse ein, Maier stellt anschließend die Familiensage vor und kommt zu einer Charakterisierung der Familienmitglieder. Er portraitiert, wie aus Sicht seiner Eltern alle Familienmitglieder zusehends den gradlinigen Kurs verlassen und das aufgebaute Bild zerstören. Trotz einiger Unschlüssigkeiten nimmt der Protagonist die von seinen Eltern dargelegten Tatsachen unhinterfragt hin. Bis zu dem Tag, an dem ihm eine Bekannte ein Tagebuch aus dem Jahr 1945 zeigt, in dem die Wahrheit zum Vorschein kommt. Maier wird der Boden unter den Füßen weggezogen, er fühlt sich um die "originale" Familienhistorie betrogen, er meint, er sei als Avatar in die Familie geboren. Das Buch überzeugt durch seinen humoristischen Erzählstil, der das Komische der Normalität hervorhebt. Obwohl aus der Ich-Perspektive erzählt, schafft es Maier, die Geschehnisse objektiv darzulegen, sodass sich die LeserInnen leicht in die Szenerie hineinversetzen und selbst urteilen können. Maier nimmt vor allem die jüngeren Generationen mit in eine Zeit, in der nicht über die Jahre zwischen 1933-1945 gesprochen wurde und zeigt, welche Auswirkung dies für sein Leben als "Kind der Schweigekinder" hatte. Empfehlenswert.
Personen: Maier, Andreas
Maier, Andreas:
¬Die¬ Familie : Roman / Andreas Maier. - Berlin : Suhrkamp, 2019. - 166 S.
ISBN 978-3-518-42862-7 fest geb. : 20,00 EUR
Romane, Erzählungen, Dramen, Lyrik, Sammlungen - Signatur: Mai - Buch