Düsteres Familiendrama über dunkle Geheimnisse hinter verschlossenen Türen. (DR) Die französische Journalistin und (Drehbuch-)Autorin Monica Sabolo, Trägerin des legendären Literaturpreises Prix de Flore, blickt in ihrem neuen, dritten Roman hinter die schillernde Fassade einer Genfer Familie in den 1980er Jahren. "Ich habe die Hölle gesehen, überlebt und bin ins Leben zurückgekehrt". In klarem, eindringlichen Ton lässt Sabolo ihren alkohol- und medikamentenabhängigen Ich-Erzähler Benjamin über das mysteriöse Verschwinden seiner angebeteten Schwester Summer vor mehr als 24 Jahren berichten. Damals hat sich die 19-jährige Schönheit während eines Picknicks am See in Luft aufgelöst - keine Leiche, kein Lebenszeichen. Erst als Erwachsener wagt der von Alpträumen, nervösen Ticks und Panikattacken geplagte Benjamin in Gesprächen mit einem Psychiater seine Erinnerungen wachzurufen und die Wahrheit zu ergründen. Mit atmosphärisch dichten, symbolträchtigen Bildern erzählt die Autorin eine von Sprachlosigkeit und Ohnmacht geprägte Familientragödie, in der raffiniert eingesetzte Thrillermotive für Spannung sorgen. Die beklemmende, unter die Haut gehende Grundstimmung des Textes bleibt in Christian Kolbes gelungener Übersetzung aus dem Französischen deutlich spürbar. Die psychologisch interessanten, beschädigten Charaktere und das gekonnte Spiel mit dem Unausgesprochenen zwischen den Zeilen sorgen für Tiefgang in diesem Roman, der die LeserInnen zur Auseinandersetzung mit einem oft verdrängten Tabuthema auffordert und viel Gesprächsstoff liefert. Empfehlenswert!
Personen: Sabolo, Monica
Sabolo, Monica:
Summer : Roman / Monica Sabolo. Aus dem Franz. von Christian Kolb. - Berlin : Insel-Verl., 2018. - 253 S.
Einheitssacht.:
ISBN 978-3-458-17765-4 fest geb. : EUR 22,00
Romane, Erzählungen, Dramen, Lyrik, Sammlungen - Signatur: Sab - Buch