Welche Wörter man aussucht, wenn es nur 100 sein dürfen, ist teilweise Geschmackssache. Einige werden beim Thema Politik wohl immer dabei sein: Demokratie, Parlament … Hoppla! Dazu gibt es keinen Eintrag. Ministerium? Fehlanzeige. Nur das Finanzministerium hat seinen eigenen Eintrag. Dafür hat die Rhetorik einen, was ich nicht erwartet hätte, was aber der angelsächsischen Herkunft des Buches geschuldet sein mag. Kommen Neunjährige mit diesem Begriff so oft in Kontakt? Manche Einträge sind inhaltlich sonderbar: „Politiker streben nach Macht und damit nach der Möglichkeit, über andere Menschen und die Regeln ihres Zusammenlebens zu bestimmen.“ War da nicht was mit Wahlen und Wählerwillen? Eine so negative Beschreibung ist kein guter Einstieg in eine Beschäftigung mit Politik. Im Kapitel Verfassung wäre ein Verweis auf das Grundgesetz sinnvoll gewesen, da die Zielgruppe diesen Begriff sicher schon gehört hat. Außerdem tauchen in den Definitionen Begriffe wie Völkerrecht auf, die nirgends definiert werden. Die Stimmabgabe ist auf S. 23 weit weg von der Wahl auf S. 96; dazu sind die einzelnen Wahlverfahren in den Anhang verbannt. Querverweise gibt es keine. Manches Mal ist die Definition komplizierter als der definierte Begriff: „Rechte sind zugesicherte Befugnisse im gesellschaftlichen Zusammenleben, die durch die Gesetze des jeweiligen Landes garantiert werden.“ „Recht“ ist in der Gemeinsprache üblicher als „Befugnisse“ und so auch weit besser verständlich; überhaupt klingt der Satz nach dem auch für Erwachsene nicht leicht zu verstehenden Juristendeutsch. Landesoberhaupt bezieht sich im föderalen Bereich normalerweise auf die Bundesländer und sollte nicht mit Staatsoberhaupt vermischt werden. Die am Ende des Buches angegebenen Internetlinks enthalten besser aufbereitete Informationen. Leider fehlen welche mit .at am Ende. Auch mit der sprachlichen Seite bin ich nicht glücklich, Die Formulierung „das meint“ im Sinne von „das bedeutet“ taucht wieder und wieder auf. In den Duden hat es dieser Anglizismus noch nicht geschafft. Nicht zuletzt sieht man an diesem Buch die Schwierigkeit, abstrakte Begriffe zu illustrieren. Wenn man Lesern die Illustration zu Nationalismus ohne Überschrift vorlegt, bekommt man sehr unterschiedliche Interpretationen (auf Nationalismus ist übrigens niemand gekommen). Natürlich sind nicht alle Einträge schlecht. Die zu Föderalismus und Selbstverwaltung sind ausgesprochen gut. Aber das Gesamtpaket überzeugt nicht. Der Verlag hat mit „Carlsen Klartext“ eine vorzügliche Reihe zu gesellschaftspolitischen Themen im Programm. Da verwundert es doch, dass dieser Band eingekauft wurde.
Medium erhältlich in:
61 Katholische Öffentliche Bücherei St.Bartholomäus,
Mörlenbach
Personen: Levenson, Eleanor Boston, Paul
Levenson, Eleanor:
Politik : 100 Begriffe aus Politik und Gesellschaft in 100 Wörtern erklärt / Text von Eleanor Levenson. Ill. von Paul Boston. - Hamburg : Carlsen, 2021. - 110 Seiten : Illustrationen
ISBN 978-3-551-25491-7 fest geb. : EUR 18,50
Kindersachbücher: Geschichte - Signatur: KGe - Buch