Ein prominenter Schriftsteller erzählt, wie ihn das Stöbern im Altpapier bereichert hat. (DR) Mehrere Jahrzehnte hat der Vorarlberger Schriftsteller Arno Geiger ein Doppelleben geführt. Meist einmal pro Woche brach er frühmorgens von seiner Wiener Wohnung mit dem Fahrrad auf, um in Altpapiercontainern »nach Material« zu stöbern. Anfangs war er eher an alten Büchern interessiert, die sich auf Flohmärkten verwerten ließen. Allmählich veränderte sich der Fokus. Er suchte nun vor allem nach Tagebüchern und Briefsammlungen, die ihre Verfasser bzw. Besitzer in den Altpapiertonnen entsorgt hatten. Auch als erfolgreicher, bekannter Schriftsteller war Geiger immer noch als »Vagabund« und »Lumpensammler« unterwegs. In diesem Buch verarbeitet er diese Erfahrungen und verdichtet sie literarisch zu Aussagen mit Allgemeingültigkeit. Geiger erzählt aber auch berührend, wie ihn die allwöchentlichen Sammeltouren als Mensch und Künstler zu dem gemacht haben, der er heute ist. Insbesondere hätte die »unverkrampfte Direktheit« der im Altpapier gefundenen Dokumente sein Schreiben verändert. Darüber hinaus haben ihm die Funde auch Anregungen geliefert. So manches in seinen sehr erfolgreichen Romanen »Es geht uns gut« und »Alles über Sally« wurde von den Briefkonvoluten und Tagebüchern beeinflusst. Die Sammeltouren seien, wie er mehrfach festhält, zudem ein stabilisierendes Element in Lebens- und Beziehungskrisen gewesen. Dieses Buch vermittelt uns nicht nur viel vom Leben Arno Geigers. Es ist auch anschaulicher Werkstattbericht und gute, lesbare Poetik. Die Lektüre berührt und belehrt gleichermaßen. Auf jeden Fall empfehlenswert.

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Personen: Geiger, Arno

Interessenkreis: Romane