Lockhart, E.
Medium der interaktiven Leseförderung Antolin Solange wir lügen
Buch

Annotation: Jeden Sommer treffen sich die Kinder einer reichen Familie und ihr indischstämmiger Freund auf einer Privatinsel vor Massachusetts. Rückblickend versucht sich die 17-jährige Cady an jene tragischen Ereignisse vor zwei Jahren zu erinnern, die sie körperlich wie seelisch schwer verletzt haben. Rezension: Ein Trauma zu erleiden wünscht sich niemand. Für Schriftsteller allerdings kann das Erfahren, Verdrängen und Aufarbeiten einer schweren seelischen Verletzung jene Dramatik und Spannung mit sich bringen, die einen Roman zum Pageturner machen, vor allem dann, wenn die zugrunde liegenden Ereignisse wie bei einer Konfrontationstherapie nach und nach ans Tageslicht geholt werden. Hier wie dort bedarf es beim Umgang mit dem Thema allerdings besonderen Feingefühls. Entlang der Grenze zwischen einfühlsam und reißerisch bewegt sich E. Lockhart in ihrem neuen Roman nicht immer sicher. Was gefühlvoll wirken soll, erscheint mitunter bloß gefühlig. „Irgendwie haben wir es nie Liebe genannt“, schreibt Ich-Erzählerin Cady über ihre Beziehung zu Gat, den sie als 8-jährige kennengelernt hat. Als 14-Jährige erkennen und verstehen sie einander auf eine verwirrend neue Weise. „Der Weg wurde von dunkelrosa Dünenrosen gesäumt. Sie dufteten zart und süß.“ Doch die Rose, die Gat gepflückt getrocknet hat, schickt er einem anderen Mädchen. Alle anderen Blüten des Strauchs reißt Cady aus und wirft sie „in das aufgewühlte Meer“. Das Meer als Spiegelbild der Seele ist nicht die originellste Metapher, und auch sonst schlägt die Autorin hauptsächlich aus ihrer tragischen Story Kapital. In der Rückschau erzählt die 17-jährige Cady von all den Sommern, die sie auf der familieneigenen Insel vor der Küste von Massachusetts verbracht hat und vor allem von jenem Sommer vor zwei Jahren, in der der mysteriöse Unfall passierte, der sie schwer krank gemacht hat. Die Probleme fingen allerdings schon viel früher an, denn Cadys Großvater ist ein Patriarch, der mit seinem Geld das Leben seiner Töchter und Enkel regiert und eifersüchtig über jeden Fremden wacht, der in sein (Insel-)Reich eindringt. Ed, der indischstämmige Stiefvater von Cadys Cousin Johnny, und sein Neffe Gat gehören ebenso dazu wie Cadys Vater, der es jedoch in dem Sommer, in dem sie 15 Jahre alt war, nicht mehr in der Familie ausgehalten hat und „mit irgendeiner Frau abgehauen“ ist. Ein traumatisches Ereignis, das eine Ursache von jenem noch viel traumatischeren Ereignis ist, mit dem die Autorin ihre Protagonisten und ihre Leserschaft am Ende konfrontiert. Dass sich die eine wie die andere auf dem Weg dorthin hingehalten fühlt, liegt daran, dass aus taktisch-dramaturgischen Gründen lange viele Informationen zurückgehalten werden. Das heile Bild soll bewahrt werden, obwohl es sich längst aufgelöst hat. „Es ist ein wunderschöner Arbend und wir sind wirklich eine wunderschöne Familie.“ Die Notwendigkeit dieser Schutzbehauptung ist verständlich angesichts der ganzen Wahrheit, die Cady und uns schließlich doch noch zugemutet wird. Was den armen Kindern der Reichen zugestoßen ist, hat das gewaltige Ausmaß einer griechischen Tragödie und wirkt daher so wenig glaubwürdig wie die gesamte, einerseits stark überzeichnete, andererseits blass bleibende Inselsommerwelt.


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Personen: Lockhart, E.

Schlagwörter: Antolin Klasse-7

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Lockhart, E.:
Solange wir lügen / E. Lockhart. Aus dem Amerikan. von Alexandra Rak. - Dt. Erstausg. - Ravensburg : Ravensburger Buchverl., 2015. - 318 S.
ISBN 978-3-473-40130-7 fest geb. : ca. € 15,50

Zugangsnummer: 2021/0013 - Barcode: 2-3111440-8-00008425-3
Erzählungen ab 13 Jahre - Buch