Es ist nicht einfach mit der Liebe, das weiß die 15-jährige Charlotte nach der Trennung ihrer Eltern. (ab 12) (JE) "Ich spürte die Tränen in meinem Gesicht, als wir hinausfuhren aus unserem bisherigen Leben. Ich sah, wie das Haus kleiner und kleiner wurde und mein Baum verschwand und das sommerliche Grün seiner Blätter in ein undefinierbares Grau zerrann, und ich dachte mit eigenartiger Gewissheit, dass es das nun gewesen war und dass wohl eher Ringlotten wüchsen am Erdbeerbaum, als dass wir wieder zurückkehrten und zusammenkämen mit unserem Vater." (S. 10) Die Trennung der Eltern markiert einen tiefen Einschnitt im Leben der 15-jährigen Charlotte, aus deren Perspektive erzählt wird. Fort geht es von der gewohnten Umgebung, dem Elternhaus und dem geliebten Erdbeerbaum, dem Charlotte heimlich ihre Herzensdinge anvertraute. 'Da ist keine Liebe mehr“, sagt die Mutter traurig und die Tochter ahnt, dass es kein Zurück mehr in den vertrauten Alltag gibt. Der Umzug, die Scheidung und ein neues Halb-Geschwisterchen – all das muss erst einmal verarbeitet werden. In ihrer neuen Klasse – Charlotte muss ein Jahr wiederholen – freundet sie sich mit dem aufmüpfigen Sulzer an, der sich oft in den Straßen herumtreibt, weil er nicht nachhause zu seinen streitenden Eltern will. Und dann ist da noch Carlo, der neue Mitschüler aus Italien, der um seinen Vater trauert und den manchmal das Heimweh drückt, nach dem alten Leben, seiner Nonna und dem Meer. Wie noch an die Liebe glauben, wenn man mit ansehen muss, wie die Ehe der Eltern in die Brüche geht? Wohin mit der Traurigkeit, mit der Sehnsucht nach dem früheren Zuhause, mit dieser Hilflosigkeit, dieser unbändigen Wut über die eigenen Eltern, die alles kaputt gehen ließen? Und doch ist da dieses Kribbeln, wenn Carlo sie mit seinem weichen Blick aus seinen dunklen Augen ansieht, ist es 'wie elektrisch“, wenn er ihren Arm berührt. Mit viel Feingefühl schreibt die Autorin über ihre jugendlichen Protagonisten, allesamt gut gezeichnete Charaktere, und findet die richtigen Worte für ihren Kummer. Es ist dieses unmittelbare Erzählen, dicht am Geschehen und an der Gefühlslage des Mädchens, mitreißend, fesselnd, durch und durch ehrlich, das den Leser fasziniert. Man spürt, dass hier jemand am Wort ist, der die Emotionen Jugendlicher ernst nimmt. Gerne begleitet man die sympathische Charlotte und hilft ihr, Abschied zu nehmen von ihrem Erdbeerbaum. Und vielleicht ist sie doch irgendwann da, die erste Liebe, und bleibt ein wenig. *bn* Cornelia Gstöttinger||
Personen: Kreslehner, Gabi
JE.L
KRE
Kreslehner, Gabi:
Charlottes Traum : Roman / Gabi Kreslehner. - Weinheim : Beltz und Gelberg, 2009. - 116 S.
ISBN 978-3-407-81054-0 kart. : ca. Eur 13,30
JE.L - KuJ-Belletristik