Das Mädchen von weit weg
KuJ-Belletristik

„Es war Abend, als sie kam. Alle Sterne leuchteten, und der Schnee blinkte im Mondlicht. Aber der Wald war dunkel und ganz still.“ In der Weite des vom Weiß des Schnees und der Dunkelheit des Waldes geprägten Bildraums wirkt das Mädchen in der roten Jacke klein und verloren. Und doch strahlt es – im wörtlichen wie übertragenen Sinn – auf besondere Weise, wie es da auf das kleine, verschneite Haus im rechten oberen Bildrand zustapfend. Es ist das Haus der Grauen. Die Graue ist gern allein, das ist sie schon lange. Und möchte auch jetzt lieber nicht gestört werden. Doch ein Kind kann man ja nicht einfach vor der Tür stehen lassen. Und so darf das Mädchen ans wärmende Feuer. Die Graue findet sogar Milch, die nicht sauer ist. Obwohl sie nicht recht weiß, was sie mit dem Mädchen und der unfreiwilligen Zweisamkeit anfangen soll, gibt sie sich Mühe. Das merkt man. Sie erfragt sogar, dass das Mädchen von sehr weit herkommt und lange unterwegs war. „ ‚Warum bist du nicht zu Hause geblieben?‘, will sie wissen. ‚Weil ich allein war … es gab niemanden mehr, der sich um mich kümmern konnte‘, antwortet das Mädchen knapp. ‚Ich kann mich auch nicht um dich kümmern … Ich weiß nicht, wie man sich um ein Kind kümmert. Und überhaupt will ich lieber allein sein.‘ “ Die Ausgangssituation ist denkbar schlecht, die Bedürfnisse, Vorstellungen und Wünsche der beiden könnten kaum unterschiedlicher sein. Und doch lassen Text und Bild von Beginn an die Hoffnung zu, die Kleine könnte Farbe und Wärme in das Leben der Grauen bringen. Es sind kleine Details, feine Nuancen, mit denen es sowohl der Autorin, der Übersetzerin und der Illustratorin gelingt, Melancholie und Tristesse, das Schwarz-Weiß der Winternacht und letztlich auch die Einsamkeit der beiden zu durchbrechen. Am Ende, als sich die beiden ein Bett und einen Traum teilen, scheint es fast so, als hätte die Graue schon immer auf das Mädchen gewartet. „Das Mädchen von weit her“ ist ein leises Buch, es regt mit bewusst gesetzten Leerstellen zum Nachdenken und -fragen an, begeistert mit Sprachbildern und atmosphärischen Illustrationen. Man sollte sich auf dieses Buch unbedingt einlassen – nicht nur an kalten Winterabenden.


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Personen: Thor, Annika Behnken, Kerstin (Übers.) Jönsson, Maria (Ill.)

Schlagwörter: Mitgefühl Hilfsbereitschaft

JD.T
THO

¬Das¬ Mädchen von weit weg / Annika Thor [Text]. Maria Jönsson [Bilder]. Dt. von Kerstin Behnken. - Hamburg : Oetinger, 2016. - [15] Bl. : überw. Ill. (farb.) ; 26,5 cm
ISBN 978-3-7891-0422-0 fest geb. : ca. € 13,40

Zugangsnummer: 0028482001 - Barcode: 6104295892
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