Touchell, Dianne
Foster vergessen
Belletristik

Foster ist sieben Jahre alt. Er hat ein ganz besonders liebevolles Verhältnis zu seinem Vater. Der hat ihm immer Geschichten erzählt und ihn ermuntert, selbst welche zu erfinden. Doch dann fängt Fosters Vater plötzlich an, Dinge zu vergessen: den Herd auszustellen zum Beispiel. Oder einen wichtigen Termin bei der Arbeit. Zuerst ist es noch lustig, es passiert ja jedem mal, dass er etwas vergisst. Doch dann häufen sich die Vorfälle. Das Gedächtnis des Vaters wird immer löchriger, mehr und mehr Erinnerungen und Fähigkeiten verschwinden. Die Autorin erzählt die Geschichte aus der Perspektive des Jungen, der miterleben muss, wie der geliebte Vater sich mehr und mehr in einen Unbekannten verwandelt, in einen Menschen, der keine Geschichten mehr erfindet, weil er vergessen hat wie erzählen geht. Einen Menschen, der sich kindischer verhält als Foster und der immer wieder auch aggressiv und böse wird. Der Vater macht in der Kirche in die Hose. Er wirft den jungen Mann, der zur Tagesbetreuung kommt, aus dem Haus, da er fürchtet, er sei der Liebhaber der Mutter. Jeden Tag aufs Neue jagt er seinen eigenen, ehemals geliebten Hund mit Fußtritten aus dem Haus. Foster beginnt zu realisieren, dass sein Vater all diese Dinge, die er vergisst, vielleicht nie wieder zurückbekommt. Mit einer Mischung aus Verständnislosigkeit, Angst, Scham und Verärgerung, versucht Foster, das Ganze zu verstehen und zu bewältigen. Sowohl seine Mutter als auch seine Tante, versuchen ihn vor den Tatsachen zu bewahren und verschweigen ihm vieles. Die Mutter ist vollkommen überfordert und übersieht den Jungen immer öfter. Dadurch verändert sich auch die Beziehung zwischen Mutter und Sohn. Die Klassenkameraden machen sich über den "Verrückten", zu dem Fosters Vater geworden ist, lustig und Foster weiß sich nur zu helfen, indem er am lautesten über seinen eigenen Vater lacht. Als der Vater sich im Spiegel nicht mehr erkennt, den Spiegel zerschlägt und sich dabei verletzt, eskaliert das Ganze. Mit Fingerspitzengefühl beschreibt die Autorin in knappen, klaren Sätzen, was Foster fühlt und denkt. Der Leser erlebt seine Hilflosigkeit, seine Angst, seine Einsamkeit und sein Gefühlswirrwarr ganz nah mit. Wird der Vater irgendwann auch Foster vergessen? Die Geschichte hat kein Happy End, trotzdem gibt es am Schluss so etwas wie Hoffnung; für Foster zumindest, der zum Erzählen zurückgefunden hat und seinem Vater das größte Geschenk macht, zu dem er fähig ist. Foster Vergessen ist eine wunderschöne und herzzerreißende Geschichte über eine Familie, die an einer Krankheit fast zerbricht. Das Buch liest sich flüssig, auch wenn es absolut keine leichte Kost ist. Die Sätze sind teilweise kurz und prägnant, andersrum wieder sehr bildlich beschrieben. Dadurch werden Emotionen im Leser geweckt und gleichzeitig wird er an das Buch gefesselt, so dass es kaum aus der Hand zu legen ist. Situationskomik, Scham, Mitleid und Hass, ein erschütterndes und heftiges Wechselbad der Emotionen. Ein wunderschönes Buch, das nicht loslässt, auch wenn man es ausgelesen hat. Ab 14 Jahren.


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Personen: Touchell, Dianne Schmitz, Birgit (Übers.)

Schlagwörter: Demenz Alzheimer

DR.J
TOU

Touchell, Dianne:
Foster vergessen / Dianne Touchell. Aus dem Engl. von Birgit Schmitz. - Hamburg : Carlsen, 2018. - 252 S.
ISBN 978-3-551-56042-1 fest geb. : ca. Eur 17,50

Zugangsnummer: 0030464001 - Barcode: 6104309131
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