Levy, Deborah
Heiße Milch Roman
Belletristik

Bilderreicher psychologischer Roman über die Identitätssuche einer jungen Frau, die sich nach qualvollen Jahren der Abhängigkeit aus den Fängen ihrer Mutter befreien will. (DR) "Meine Liebe zu meiner Mutter ist wie eine Axt. Sie schlägt sehr tief", konstatiert Ich-Erzählerin Sofia, halb Britin, halb Griechin, immer wieder in diesem Hochsommer am südspanischen Strand von Alméria. Anstatt endlich ihr Anthropologiestudium abzuschließen, hat sie ihre scheinbar an einer Knochenkrankheit leidende Mutter Rose dorthin begleitet. "Ich habe eigentlich keinen Beruf, sondern eine Berufung, und das ist Rose, meine Mutter", klagt die ganz in ihrer Opferrolle aufgehende Tochter. Die gehbehinderte, atheistische Rose unterzieht sich unter der mediterranen Sonne den sündteuren Behandlungsmethoden eines gewissen Dr. Gomez, der schon bald einige ihrer Täuschungsmanöver aufdeckt und die schwer neurotische Mutter-Tochter-Beziehung einer Zerreißprobe aussetzt. Oder ist dieser Arzt nur ein geldgieriger Quacksalber? Während Sofia nach Jahren der Unterdrückung so etwas wie einen eigenen Willen und ihre Identität entdeckt und sich in diesem Abnabelungsprozess auch ihrem lange entschwundenen Vater zu nähern versucht, scheint auch mit ihrer Mutter eine Veränderung vor sich zu gehen. Undurchsichtige Nebenrollen in diesem psychologischen Kammerspiel nehmen die unkonventionelle, selbstbewusste Ingrid - das kontrapunktische Gegenüber und Angebetete der Erzählerin - und deren halbseidener Freund Matty ein. Geistvolle Dialoge, interessante Charaktere, psychologische Finesse und ein analytischer, klarer Blick auf zwischenmenschliche Beziehungen zeichnen den auf der Shortlist des Man Booker Prize platzierten Roman aus. Nichts überlässt Deborah Levy, Verfasserin vieler Theaterstücke, dem Zufall. Für Aufbau, Form und Stil der Geschichte greift die britische Autorin auf bewährte dramatische Elemente zurück. Einzig die starke psychoanalytische Symbolik mit bedeutungsschwangeren Anspielungen droht teils die feine Ironie des Textes zu überfrachten. Überzeichnungen und Wortspielereien amüsieren und wurden von Barbara Schaden großartig aus dem Englischen übersetzt. LeserInnen, die sich auf literarisch hohem Niveau gerne mit der menschlichen Psyche beschäftigen, wird dieser atmosphärisch dichte Roman, der wie ein Quallenbiss brennt, nachhaltig beeindrucken.


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Personen: Levy, Deborah Schaden, Barbara (Übers.)

DU
LEV

Levy, Deborah:
Heiße Milch : Roman / Deborah Levy. Aus dem Engl. von Barbara Schaden. - Köln : Kiepenheuer & Witsch, 2018. - 287 S.
ISBN 978-3-462-04977-0 fest geb. : ca. € 20,60

Zugangsnummer: 0030747001 - Barcode: 6104286760
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