Annotation: Die Geschichte einer Putzfrau, die fern von ihrer Familie die unschönen Seiten der deutschen Wohlstandsgesellschaft kennenlernt. Rezension: Die Kluft zwischen Arm und Reich. Die Einsamkeit im Alter. Der Alltag Alleinerziehender. Die unerfüllte Sehnsucht getrennt lebender Familien. Das klingt nicht unbedingt nach leichter Lektüre und Spaß beim Lesen. Doch das Gegenteil ist der Fall: Martin Auer erzählt mit Einfühlungsvermögen und leisem Humor die berührende Geschichte von Frau Jovanovic, die als Putzfrau in vielen Haushalten wäscht, bügelt, saugt und poliert. Mit dem Geld hält sie Großeltern, Eltern und ihre kleine Tochter Alina irgendwo in einem namenlosen osteuropäischen Land am Leben. Davon wissen ihre AuftraggeberInnen nichts - es interessiert sie aber auch nicht. Denn sie kreisen nur um ihr eigenes Ich: die biestige von-Beruf-Ehefrau in ihrem Porzellanpuppenheim; der erotomane Junggeselle, der seiner Putzfrau an die Wäsche will oder die karrieresüchtige Geschäftsfrau, die nachmittags Wohnung und Kinder in die Hände von Frau Jovanovic übergibt. "Ohne Sie wäre ich vollkommen aufgeschmissen!", sagt die alleinerziehende Frau Berger. Das gilt auch für den Rest ihrer Kundschaft. Denn Frau Jovanovic ist viel mehr als eine Putzfrau und ihr gelassen postuliertes "Ich das machen!" meint auch mehr als eine bloße Arbeitsaufnahme. Sie ist Kummerkasten, Hausaufgabenbetreuerin und Ratgeberin in einem. Des Abends skypt sie mit ihrer kleinen, klugen Tochter Alina im Internetcafé. Die Liebe und Traurigkeit der beiden dringen dabei aus jedem Satz. Aufrichtig und mutig berichtet Martin Auer Kindern aus den Randbezirken unserer Wohlstandsgesellschaft. Und hält dabei manchen von ihnen sicher auch den Spiegel vor. Denn in nicht wenigen Haushalten der Mittel- und Oberschicht müssen Kinder keinen Finger rühren, weil die Putzfrau kommt und ihnen alles hinterherräumt. Constanze Spengler stellt uns Frau Jovanovic als quirlige und hübsche Person vor, die ihrer Umwelt stets mit einem charmanten Lächeln begegnet. Wenn sie alleine ist, wenn sie mit ihrer Familie telefoniert, durch den Regen geht, taucht Spengler ihre Welt in ein kühles, trauriges Blau. "Ich das machen!", möchte man ihr zurufen und sie in den Arm nehmen. *ag* Heike Byn||
Personen: Auer, Martin Spengler, Constanze (Ill.)
JE
AUE
Auer, Martin:
Ich das machen! sagt Frau Jovanovic / Martin Auer. Mit Ill. von Constanze Spengler. - Düsseldorf : Sauerländer, 2011. - 48 S. : zahlr. Ill.
ISBN 978-3-7941-6191-1 fest geb. : Eur 13,40
JE - KuJ-Belletristik