Anspruchsvolle amerikanische Geschichten - beklemmend und verstörend. (DR) Mit seiner einzigartigen Sprache leuchtet George Saunders, studierter Geophysiker und als Schriftsteller ein Spätberufener, die tiefsten Seelenschichten seiner Figuren aus. Sei es in den etwa fünf Wochen umfassenden Aufzeichnungen eines amerikanischen Familienvaters mit Geldsorgen ("Die Semplica-Girl-Tagebücher"), sei es in der Ich-Erzählung "Zuhause", wo ein heimgekehrter traumatisierter Kriegsveteran seine aufgestauten Aggressionen schwer im Zaum halten kann. Halbfertige Sätze, Gedankensprünge, wilde Assoziationen, Selbstbeschwichtigungen und nur schwer beherrschbare Wut kennzeichnen die Texte, die die LeserInnen mitten in die zum Teil wirren Köpfe der Protagonisten wie in ein Höllenfeuer schicken. Dystopische Szenarien sind, neben den typisch amerikanischen Milieustudien in den unteren Schichten, eine weitere Besonderheit von Saunders' Erzählungen: In der Story "Flucht aus dem Spinnenkopf" werden an Jeff - er ist als Mörder verurteilt worden - besondere Experimente vorgenommen. Die Testperson bekommt verschiedene Infusionen, die ihre Emotionen beliebig verändern. Ted in der Kurzgeschichte "Mein Ritterfiasko" erhält ebenfalls eine das Bewusstsein verändernde Pille namens "RytterSporn" und ändert, als das Medikament wirkt, sofort seine Ausdrucksweise von banal auf geschwollen. Die Semplica Girls sind mit feinen Drähten und winzigen Implantaten im Kopf verbundene Asylantinnen. Vermögende Leute hängen die weiß gekleideten Mädchen in ihren Gärten als Zierde und als nach außen sichtbares Prestigeobjekt einen Meter über dem Boden schwebend auf. Die Lektüre dieser zehn Geschichten erfordert Konzentration und starke Magennerven, ist aber äußerst empfehlenswert.

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Personen: Saunders, George Heibert, Frank (Übers.)

Schlagwörter: Erzählungen Kurzgeschichten