Fesselnd erzählte Künstlerbiografie, in der die schillernde Welt um 1900 noch einmal beschworen wird. (DR) Frantisek Drtikol wurde 1883 in dem böhmischen Bergbaustädtchen Pribram als Sohn eines Kleinwarenhändlers geboren. Der aufgeweckte Bub fiel schon früh durch sein Zeichentalent auf. Auf Wunsch seines Vaters absolvierte er eine Fotografenlehre und bewarb sich danach auf der Münchner Kunstakademie. Hier wurde neben der Beherrschung der technischen Fächer großer Wert auf die Entfaltung des künstlerischen Empfindens der Studenten gelegt. Drtikol erwies sich als ungewöhnlich begabt und schloss als Jahrgangsbester ab. 1910 eröffnete er in Prag ein Fotoatelier und wurde zum gefragten Porträtfotografen. Neben den Auftragsarbeiten widmete er sich vor allem der Aktfotografie. Seine Werke wurden in den großen Metropolen neben denen Man Rays oder Cartier Bressons gezeigt. Doch Mitte der Dreißiger Jahre wurde es still um den Künstler. Er verkaufte sein Atelier und widmete sich seinen philosophischen Interessen, vor allem der Theosophie. Jan Nemec hat die sorgfältig recherchierten Fakten zu Drtikols Leben zu einer ausgesprochen fesselnden Biografie verarbeitet, in der die Aufbruchszeit um 1900 noch einmal beschworen wird - die weltoffene Atmosphäre, in der sich Künstler in Europa gegenseitig inspirierten, der Einfluss revolutionärer sozialer Bestrebungen und die in Künstlerkreisen schon vorweggenommene Emanzipation der Frau. Doch was den Roman so außergewöhnlich macht, ist die Art, wie der Autor sich der psychischen Verfasstheit seines Protagonisten anzunähern versucht. Allein die Schilderung des verheerenden Grubenunglücks von 1892, dessen Zeuge der kleine Frantisek wurde, ist eine Meisterleistung, die unter die Haut geht. Nemec erzählt, wie sich das Grauen beim Anblick der bis zur Unkenntlichkeit entstellten Toten und Verletzten mit scheinbar Banalem in dem Kind verschränkt und flicht eine allegorische Figur ein, die man erst gegen Ende des Romans, als sie wieder auftaucht, als solche erkennt - eine kunstvolle Arabeske, die den Symbolismus der damaligen Zeit zitiert. "Die Geschichte des Lichts" wurde bereits in zwölf Sprachen übersetzt, eine Verfilmung ist in Arbeit. Die anspruchsvolle und zugleich spannend zu lesende Künstlerbiografie wird bestimmt begeisterte Leser_innen finden und kann allen Bibliotheken wärmstens empfohlen werden.

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Personen: Nemec, Jan Mutschler, Martin

Interessenkreis: Historischer Roman