Ein außergewöhnlicher und geglückter Versuch, das verheerende Erdbeben von 1976 im Friaul aus der Perspektive betroffener Menschen zu schildern und dabei den Auswirkungen auf Fauna und Flora ebenso viel Raum zu geben. (DR) Im Mai und im September 1976 forderten zwei Erdbeben im italienischen Friaul fast tausend Menschenleben und verursachten gewaltige Zerstörungen. Esther Kinsky lässt sieben (fiktive) Bewohner eines abgelegenen Bergdorfs von der Katastrophe erzählen. Alle erwähnen das Grollen, den Rombo, der dem Beben vorausging. Doch schon davor, zu Mittag, war eine merkwürdige Erscheinung zu beobachten: »In einer doppelten Spiegelung standen kurz zwei blasse Sonnen direkt über dem verschneiten Gipfel des Monte Canin«. Die Tiere, vor allem Vögel, Hunde und Ziegen verhielten sich ungewöhnlich. »Am Abend des 6. Mai tut sich der Boden auf, Häuser stürzen ein, Menschen und Tiere werden unter den Trümmern begraben, die Uhren an den Kirchtürmen bleiben stehen, schwarze Schlangen flüchten in den Fluss.« Obwohl der Roman sich mit den Menschen und ihren Bewältigungsstrategien befasst, nehmen die geologischen Veränderungen, die das Beben verursacht hat, einen ebenso großen Raum ein. Diese naturkundlichen Exkurse, die auch Flora und Fauna miteinbeziehen, lassen in den Leser*innen ein Gefühl für die herbe Schönheit der Karstlandschaft entstehen. Die Autorin hat für ihre Art zu schreiben, die treffende Bezeichnung »Geländeroman« gewählt. Die Verbindung menschlichen Erlebens mit Naturereignissen lässt an die dänische Dichterin Inger Christensen denken, die diese Methode in ihrer Lyrik angewandt hat. »Rombo« ist ein beeindruckender und geglückter Versuch, eine Katastrophe aus verschiedenen Blickwinkeln zu beschreiben. Kinskys Stil ist nüchtern, hat aber dennoch etwas fast Beschwörendes an sich. Als ob Mensch, Tier, Pflanze und Stein einen gewaltigen Chor anstimmen würden. »Rombo« entfaltet einen Sog, der sich erst nach und nach einstellt, aber lange nachhallt.

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Personen: Kinsky, Esther

Interessenkreis: Roman Erwachsene