Eine Frau sucht nach einem neuen Standort und findet ihn in einem Haus an der Nordsee.
Judith Hermann in Bestform - mit der Autorin sind auch ihre Figuren älter geworden. Eine Frau mit knapp 50 sucht nach dem Auszug der Tochter und der Trennung vom Mann nach einem Neuanfang und findet ihn in einem Haus hinterm Deich. In der Nähe führt ihr Bruder mehr recht als schlecht eine Gaststätte, die eine Verstärkung gut gebrauchen kann. Es sind weniger die erzählten Fakten als die unüberhörbaren Leerstellen, die den Text zu einem besonderen Leseerlebnis werden lassen. In einer stillen Weise lässt uns die Ich-Erzählerin an ihrem neuen Leben teilhaben, an der wachsenden Freundschaft mit Mimi, einer Künstlerin, die auch hinterm Deich lebt und mit der sie schwimmen geht und an der aufflammenden Affäre mit dem eigenartigen Arild, der eine Schweinemast betreibt. Besonders berührend sind die Briefe, in denen die Protagonistin ihrem Ex-Mann Bericht über ihr neues Leben erstattet. Zwischen allen vermeintlich einfachen Sätzen steht viel Ungesagtes, die angedeuteten gesellschaftspolitischen und ökologischen Fragen werden nicht beantwortet.
Gerade darum ein Buch, das in seiner Melancholie und Lebensnähe lange nachklingt. Für literarisch interessierte Leserinnen ein Gewinn.
[Quelle: Eliport, Rezensent: Gabriele Kassenbrock]
Personen: Hermann, Judith
Her
Hermann, Judith:
Daheim : Roman / Judith Hermann. - 2. Auflage, Originalausgabe. - Frankfurt am Main : S. Fischer, 2021. - 189 Seiten
ISBN 978-3-10-397035-7 Festeinband : EUR 21,00
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