Imagination als die Fähigkeit, sich etwas vorzustellen, das nicht vorhanden ist, indem man sich davon Bilder macht (Einbildungskraft, Vorstellung), spielt eine kritische Rolle für die Religionsphilosophie. Der Aufsatz will diese Rolle dadurch neu bestimmen, dass er noch einmal nach der Subjektivität fragt, die in der Ambivalenz der Vorstellung steckt, und zwar in folgenden Schritten: Erstens wird Einbildungskraft als Zwischenbestimmung von heterogenen Quellen menschlicher Erkenntnis (Kant) als das Kennzeichen menschlicher, reflektierter Endlichkeit kurz interpretiert. In einem zweiten Schritt wird die sowohl grundlegende als auch zweideutige Rolle der Einbildungskraft oder Phantasie (als Sinn für Möglichkeit) in der menschlichen Synthese als Doppelbewegung (Kierkegaard) betont. Die Doppelbewegung kann verfehlt werden, die Phantasie kann fantastisch werden. Drittens wird dann die komplexe Subjektivität der Imagination bestimmt: Wenn wir uns etwas vorstellen, vor uns stellen, beziehen wir uns darauf, aber darin beziehen wir uns zugleich auf uns selbst. Wir tun etwas mit uns, indem wir uns Vorstellungen machen. Viertens wird eine paradoxe religiöse Umkehrung der Vorstellung selbst von einer ethischen Umkehrung der eigenen Perspektive durch das Medium der Vorstellung unterschieden. Die dialektische Pointe liegt darin, dass der Vorstellung genau deshalb widersprochen und sie umgekehrt werden kann, weil sie subjektiv in dem Sinne ist, dass wir uns etwas vorstellen, uns Vorstellung machen, und dadurch selber zu Adressaten werden können. Nicht nur das Problem, sondern auch das Potential der Imagination hängt mit dieser Struktur der Subjektivität zusammen.

Enthalten in:
Theologische Literaturzeitung; 2003/Nr.7/8 Monatsschrift für das gesamte Gebiet der Theologie und Religionswissenschaft (2003)

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Serie / Reihe: Theologische Literaturzeitung

Personen: Grøn, Arne

Schlagwörter: Ethik Umkehr Anthropologie Subjektivität Religionsphilosophie Erkenntnis Phantasie Imagination