"Wer heute leben will, muss also nachgerade so viele Glaubensüberzeugungen und Religionen haben, wie es Gemeinwesen oder Schulen gibt. Ihm wird es ergehen wie einem Reisenden, der durch die Lande zieht: Immer wieder wird er sein Geld wechseln müssen; denn welches hier gültig ist, wird dort nicht angenommen". Zeiten ändern und gleichen sich. Der Autor dieses Zitats, der französische Humanist, Philosoph und protestantische Theologe Sebastian Castellio, lebte zur Zeit der Reformation in den Jahren 1515-1563, zuletzt in Basel. Er gilt neben Erasmus von Rotterdam als einer der großen Humanisten des 16. Jahrhunderts und als wichtige historische Stimme im Einsatz für Toleranz, die er vehement gegenüber dem Reformator Johannes Calvin in dessen Umgang mit Vertretern abweichender Meinungen einforderte. Gegen falsche Rechthaberei empfahl er auch aufgrund der Tatsache der Auslegungsbedürftigkeit der Heiligen Schrift die Kunst des gemeinsamen Zweifelns und Fragens. Sein Bekenntnis zu innerreformatorischer, ja innerchristlicher Vielfalt auf Grundlage von Toleranz gilt angesichts gegenwärtiger globaler weltanschaulich-innerchristlicher und kultureller Pluralität und eines innergesellschaftlichen Pluralismus umso mehr.

Enthalten in:
entwurf; 2021/3 Konzepte, Ideen und Materialien für den Religionsunterricht (2021)

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Serie / Reihe: entwurf

Personen: Hermann, Stefan

Schlagwörter: Glaube Theologie Toleranz Anderer Wahrheit Didaktik Normalität