Die Studie nimmt ihren Ausgang von der Beobachtung, daß spezifisch neuprotestantische Kirchlichkeit und Theologie in ökumenischen Kontexten weithin als quantité negligeable behandelt werden. Das offenbart einen tiefen Riß in der Selbstbedeutung des Protestantismus. In seinen Fallstudien unternimmt es Ohst, die historischen Entwicklungen nachzuzeichnen, die zu diesem Riß geführt haben. Er plädiert für die Erneuerung einer integrativen protestantischen Selbstdeutung. Sie muß auf einem Verständnis der Reformation basieren, das diese als Ensemble von geschichtsoffenen Innovationsimpulsen wertet: Diese Impulse können nicht statisch mit ihren ersten Realisationsgestalten identifiziert werden. Die in sich vielfältige historische Gestalt des Protestantismus wird gemäß dieser Sichtweise dadurch konstitutiert, daß diese Impulse weiterhin wirksam sind. Beeinflußt und modifiziert durch anderweitige Faktoren, erzeugen sie in virtuell unendlich vielen Konfigurationen die unübersehbare Vielfalt protestantischer Glaubens- und Lebensweisen. Die Einheit des Protestantismus in der Varianzbreite seiner Realisationsgestalten wird darin sichtbar, daß sie alle sich auf die Reformation als zumindest eine ihrer Wurzeln berufen.
This study is based on the observation that recent developments in Protestant theology and the church are considered insignificant for the ecumenical cause. This fact reveals a deep rift in the self-interpretation of Protestantism. In his case studies, Ohst attempts to trace the historical developments which led to this rift. He makes a plea for the renewal of an integrative Protestant self-perception based on the understanding of the Reformation as a composite of innovative impulses which cannot be identified with their first theoretical and institutional effects. In the author's view, the historical, in it self diverse shape of Protestantism is constituted by the ongoing effectiveness of these impulses which are influenced and modified by other factors and which in a virtually infinite number of constellations produce the vast variety of the Protestant ways of life and belief. The unity of Protestantism in its diversity becomes apparent in the fact that all of them refer to the reformation as at least one of their roots.
Enthalten in:
Zeitschrift für Theologie und Kirche; 2002/4
(2002)
Serie / Reihe: Zeitschrift für Theologie und Kirche
Personen: Ohst, Martin
Ohst, Martin:
"Reformation" versus "Protestantismus"? : Theologiegeschichtliche Fallstudien / von Martin Ohst, 2002. - S.441-479 - (Zeitschrift für Theologie und Kirche)
Zeitschriftenartikel