Zum Zeitpunkt der Einigung Deutschlands (1990) befragten wir Kinder zweier Ostberliner Schulen (Schulstufen zwei bis sechs) nach ihren Überzeugungen über das Zustandekommen von schulischen Leistungen im allgemeinen (Kausalitäts-Überzeugungen) und nach ihren Einschätzungen des eigenen Schulleistungspotentials (Selbstwirksamkeit und allgemeines Kontrollbewußtsein) Zudem erhoben wir die Schulleistung in Form von Schulnoten Vergleicht man die Ergebnisse dieser Befragung mit ein Jahr später gewonnenen aus West-Berlin, ergeben sich neben vielen Ähnlichkeiten Unterschiede insbesondere in drei Aspekten (1) Die Ostberliner Kinder sind im Glauben an ihre eigene Selbstwirksamkeit pessimistischer als die Westberliner Kinder (2) Die Ostberliner Kinder der älteren Schulstufen glauben ihre Schulleistung weniger beeinflussen zu können als die Westberliner Vergleichsgruppen (3) Die Ostberliner Kinder zeigen eine hohe und sehr frühe Vernetzung von Selbstwirksamkeitsurteilen mit bewerteter Schulleistung (Schulnoten). Aus der Sicht der westlichen Forschung kann dieses Datenmuster als entwicklungshemmender Risikofaktor interpretiert werden Denn da die Ostberliner Kinder vergleichsweise weniger an ihr eigenes Leistungspotential und starker an die Bedeutung von Schulnoten glauben, durften sie einen geringeren Freiraum zur Selbstgestaltung besitzen Andererseits kann die engere Vernetzung von Subjektivität und Objektivität bei Ostberliner Kindern aber auch als eine realitätsbezogene Entwicklungsleistung verstanden werden Abschließend wird ein Forschungsprogramm skizziert, das die Gültigkeit und Generalisierbarkeit der vorliegenden Befunde sowie ihrer Interpretation überprüfen soll.

Enthalten in:
Zeitschrift für Pädagogik; 1992/2 (1992)

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Serie / Reihe: Zeitschrift für Pädagogik

Personen: Oettingen, Gabriele Lindenberger, Ulman Baltes, Paul B.

Schlagwörter: Entwicklungspsychologie Vereinigung Deutschlands Empirische Untersuchung Berlin Schulleistung Leistungsvergleich