Neu Alles eine Frage des Bundeslandes? Eine mehrebenenanalytische Betrachtung der eingeschränkten Vergleichbarkeit von Schulnoten
Zeitschriftenaufsatz

Schulnoten werden seit jeher kontrovers diskutiert, insbesondere in Bezug auf ihre Bedeutung und Vergleichbarkeit. Dies wird in unterschiedlichen Publikationen deutlich, die zum Teil bis in das 19. Jahrhundert zurückreichen, deren kritische Anmerkungen aber bis heute nicht an Aktualität verloren haben. Auch in jüngster Zeit finden immer wieder bildungspolitische Debatten statt, die im Kern auf Widersprüche zwischen der unklaren Aussagekraft von Schulnoten und ihrer gleichzeitig großen Bedeutung für Selektions- und Allokationsprozesse verweisen. Einen besonderen Schwerpunkt in diesen jüngeren Diskursen bildet die Kritik an der mangelnden Vergleichbarkeit von Schulnoten aus unterschiedlichen Bundesländern, die letztlich, so die vielfach vorgetragene Argumentation, insbesondere durch eine Auflösung föderaler Strukturen und eine nationale Bildungsstrategie überwunden werden könne. Der vorliegende Beitrag nimmt diese Diskussion zum Anlass, die Vergleichbarkeit von Schulnoten genauer zu untersuchen. Hierzu erfolgt eine systematische Aufschlüsselung der Beiträge unterschiedlicher Ebenen (innerhalb von Schulen, zwischen Schulen, zwischen Bundesländern) zur mangelnden Vergleichbarkeit von Schulnoten. Grundlage der Untersuchung bilden repräsentative Daten von N=55.002 Schülerinnen und Schülern aus den IQB-Bildungstrends 2015 und 2018 (Jahrgangsstufe 9). Die Ergebnisse legen nahe, dass Schülerinnen und Schüler mit gleichen Schulnoten substantiell unterschiedliche Kompetenzen aufweisen und dies auch umgekehrt gilt. Ferner zeigte sich, dass die Unterschiede zu einem erheblichen Maß durch Unterschiede zwischen Schulen innerhalb von Bundesländern erklärt werden konnten und deutlich weniger durch Bundeslandunterschiede. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass die Debatte zur eingeschränkten Vergleichbarkeit von Schulnoten ihr Augenmerk nicht nur auf die Ebene der Bundesländer, sondern auch auf die Mechanismen der Notengebung und Ursachen von Schulnotenunterschieden zwischen Schulen innerhalb von Bundesländern richten sollte.
School grades have always been a controversial topic of discussion, especially with regard to their meaning and comparability. Their controversy is evident from various publications, some dating back to the 19th century. Recently, there have been debates in education policy, highlighting contradictions between the unclear meaning of school grades on the one hand and their great importance for selection and allocation processes on the other. A particular focus in recent discussions involves criticism of the lack of comparability of school grades from different federal states, which, many argue, could be overcome by a national education strategy and the dissolution of federal structures. This article uses these discussions as a starting point from which to examine the comparability of school grades in more detail. For this purpose, we provide a systematic breakdown of the contributions of different levels (within schools, between schools, between federal states) to the lack of comparability of school grades. The study is based on representative data from N=55,002 students from the IQB Trends in Student Achievement 2015 and 2018 (Grade 9). Results suggest that students with the same school grades acquired substantially different competencies (and vice versa). Further, it was found that these differences can be explained substantially by differences between schools within states and much less by differences between federal states. The results illustrate that the debate on the limited comparability of school grades should focus not only on between-state comparability but also on mechanisms of grading and causes of grade differences between schools within states.

Enthalten in:
Zeitschrift für Erziehungswissenschaft; 2024/2 (2024)


Weiterführende Informationen


Serie / Reihe: Zeitschrift für Erziehungswissenschaft

Personen: Hübner, Nicolas Jansen, Malte Stanat, Petra Bohl, Thorsten Wagner, Wolfgang

Schlagwörter: Empirische Untersuchung Schule Notengebung Bundesland IQB-Bildungstrend (2015) IQB-Bildungstrend (2018)

Alles eine Frage des Bundeslandes? : Eine mehrebenenanalytische Betrachtung der eingeschränkten Vergleichbarkeit von Schulnoten / Nicolas Hübner, Malte Jansen, Petra Stanat, Thorsten Bohl & Wolfgang Wagner, 2024. - Seite 517-549 - (Zeitschrift für Erziehungswissenschaft)

Zugangsnummer: U-0431172
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