Um bei der empirischen Fundierung didaktischen Denkens der Komplexität des reflexiv zu durchdringenden Unterrichtsalltages entsprechen zu können, bedarf es eines ethnographischen, "praxeologischen" Typus von Unterrichtsforschung, der sich auf die Analyse sozialer Praktiken richtet. Zunächst werden einige Probleme der didaktischen Tradition aus Sicht der Unterrichtsforschung skizziert. Dann werden verschiedene Ansätze ethnographischer Unterrichtsforschung vorgestellt, um für eine Fundierung der Unterrichtsbeobachtung in einer "Theorie sozialer Praktiken" zu plädieren. Die ethnographische Unterrichtsforschung ist demnach als "praxeologische Forschung" zu konturieren, die die spezifischen sozialen Praktiken identifiziert und in ihrer Eigenlogik analysiert, die das alltägliche Unterrichtsgeschehen konstituieren. Die praxeologische Unterrichtsforschung orientiert sich weder am "Input" des Unterrichts, den Einstellungen, Absichten und Zielen von Lehrpersonen, noch am "Output", den Schülerleistungen im Sinne der pädagogisch-psychologischen Schulleistungsmessung, sondern an der "Performanz" des Lehrens und Lernens, an dem praktischen Vollzug von Unterricht. Der Beitrag präsentiert zur Veranschaulichung zwei empirische Beispiele und diskutiert abschließend das Verhältnis von praxeologischer Unterrichtsforschung und Allgemeiner Didaktik, das als ein doppeltes Spannungsverhältnis zwischen Präskription und Deskription und zwischen rationalen Akteuren und selbstläufigen Praktiken konzipiert werden muss.
Living up to the complexity of everyday life in the classroom when giving empirical evidence for didactic concepts, demands an ethnographical, "praxeological" type of instructional research, orientated towards the analysis of social practices. First of all, the essay sketches some problems of the didactic tradition from the perspective of classroom teaching research. Then it presents various approaches of ethnographical classroom research in order to suggest anchoring classroom observation in a "theory of social practices". Ethnographical instructional research is thus to be regarded as "praxeological research" that identifies and analyses the relevant specific social practices constituting everyday life in the classroom. Praxeological classroom instructional research is orientated neither towards the "input" to the lessons like the attitudes, intentions or goals of the teachers, nor towards the "output" like the pupils' performance in the sense of an educational and psychological measurement of performance. Rather, it is focused on the "performance" of teaching and learning and on the practical achievements of classroom instruction. The essay presents two empirical examples as illustration and discusses the relationship between praxeological classroom instructional research and general didactics, which must be conceived as a double tension between prescribing and describing and between rational operatives and autonomous practices.
Enthalten in:
Zeitschrift für Erziehungswissenschaft; 2008/Sonderheft 9
(2008)
Serie / Reihe: Zeitschrift für Erziehungswissenschaft
Personen: Breidenstein, Georg
Breidenstein, Georg:
Allgemeine Didaktik und praxeologische Unterrichtsforschung / Georg Breidenstein, 2008. - S.201-215 - (Zeitschrift für Erziehungswissenschaft) Perspektiven der Didaktik
Zeitschriftenaufsatz