Solga, Heike
"Ausbildungslosigkeit" als soziales Stigma in Bildungsgesellschaften ein soziologischer Erklärungsbeitrag für die wachsenden Arbeitsmarktprobleme von gering qualifizierten Personen
Zeitschriftenaufsatz

Der Beitrag zeigt, dass eine rein ökonomische Erklärung der abnehmenden Beschäftigungschancen von gering Qualifizierten nicht ausreicht. Der gängigen Verdrängungsthese wird damit als notwendige Ergänzung die soziologische These der "einschließenden Auslese mit Stigmatisierungseffekt" an die Seite gestellt. Es wird versucht nachzuweisen, dass "Ausbildungslosigkeit" in Bildungsgesellschaften zu einem sozialen "Stigma" geworden ist, das dazu führt, dass die heutigen Ausbildungslosen nicht nur von qualifizierten Personen auf einfache Arbeitsplätze verdrängt werden, sondern dass sie aufgrund von Fremd- und Selbstselektionsprozessen von den qualifizierten Arbeitsplätzen ausgeschlossen werden. Damit wird zusätzlich in Rechnung gestellt, dass gering Qualifizierte einerseits von den Beschäftigern von vornherein als "normabweichende Minderheit" von den qualifizierten Arbeitsplätzen ausgeschlossen werden und sie sich andererseits in Vorwegnahme einer antizipierten Chancenlosigkeit und Diskreditierungsgefahr durch Nicht-Bewerbung für qualifizierte Arbeitsplätze selbst ausschließen. Die empirischen Analysen auf Basis der Daten der Deutschen Lebensverlaufsstudie des MPI für Bildungsforschung unterstützen die Relevanz der These der "einschließenden Auslese mit Stigmatisierungseffekt". In many Western countries, less-educated persons constitute an increasing share of the long-term unemployed. They are less able to enter into even unskilled jobs. The dominant explanation is the displacement argument arguing that trained persons out-qualify less-educated persons in situations of job competition because of an oversupply of qualified persons. Here, decreasing employment opportunities are seen as being essentially a labor market matching problem. The paper provides acomplementary, sociological explanation: the thesis of "stigmatization by negative selection" which includes the consequences of historically declining proportions of less-educated youth, in the end constituting a "residual category" in society. Changes in group size, group composition, and employers' perception in the course of educational expansion are taken into account. By including the possibility of low education becoming a "stigma" connected with processes of self and external selection described in this paper, this sociological explanation takes account of an additional source of the increasing vulnerability of low educated youth. Analyses based on the German Life History Study (conducted at the Max Planck Institute for Human Development) support the stigma argument.

Enthalten in:
Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie; 2002/3 (2002)


Serie / Reihe: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie

Personen: Solga, Heike

Schlagwörter: Arbeitslosigkeit Soziale Rolle Berufsausbildung Qualifizierung Stigmatisierung Beschäftigungssystem

Solga, Heike:
"Ausbildungslosigkeit" als soziales Stigma in Bildungsgesellschaften : ein soziologischer Erklärungsbeitrag für die wachsenden Arbeitsmarktprobleme von gering qualifizierten Personen / Heike Solga, 2002. - S.476-505 : graph. Darst. - (Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie)

Zugangsnummer: U-0185705
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