Der einführende Grundsatzartikel zur Entwicklung der Jugendverbände fällt kritisch aus. Helmut Richter und Benedikt Sturzenhecker vertreten die These, in der Jugendverbandsarbeit verschärften sich schon länger bestehende strukturelle Grundwidersprüche. Die Autoren kennzeichnen diese Entwicklungstendenzen der Verbände als Familiarisierung einerseits und Verbetrieblichung andererseits. In beiden Entwicklungen sehen sie Gefahren für das demokratische Bildungspotenzial der Jugendverbände. Für Kinder und Jugendliche in den kommunal verorteten Basisgruppen seien die Jugendverbände zu wenig als Feld konkreter demokratischer Mitentscheidungspraxis erfahrbar, stellen die Autoren fest. Sie stellen ein Auseinanderdriften der beiden Verbandssphären fest, der gemeinschaftlichen Basisgruppen "unten" und der an Staat und Politik orientierten Leitungen "oben". Die Basisgruppen konzentrierten sich - an einer familienähnlichen Gemeinschaft orientiert - zu sehr auf sich selbst und verlören die Bindung nach oben, die Leitungen konzentrierten sich auf die staatlich-politischen Systeme und verlören dabei den Kontakt zur Basis. Als Ergebnis der Familiarisierung rekrutiere sich der Verband nur noch aus einem bestimmten kulturellen Milieu und verliere an demokratischer "Öffentlichkeit". "Gemeinschaft" mit ihren Ausgrenzungstendenzen ersetze "Gemeinde" mit demokratischen Aushandlungsprozessen; damit blieben z.B. Jugendliche mit Migrationshintergrund tendenziell ausgeschlossen. Andererseits gefährde die von oben gesteuerte Wandlung von Verbänden zu dienstleistenden Wirtschaftsbetrieben deren Demokratisierung und Kommunalisierung.
Enthalten in:
deutsche jugend; 2011/2 Zeitschrift für die Jugendarbeit
(2011)
Serie / Reihe: deutsche jugend
Personen: Richter, Helmut Sturzenhecker, Benedikt
Richter, Helmut:
Demokratiebildung am Ende? : Jugendverbände zwischen Familiarisierung und Verbetrieblichung / Helmut Richter / Benedikt Sturzenhecker, 2011. - S.61-67 - (deutsche jugend) Demokratische Substanz in Jugendverbänden
Zeitschriftenaufsatz