Ausgehend von der Hypothese, dass ein beträchtlicher Teil der Kinder, die wegen eines sonderpädagogischen Förderbedarfs in einer Sonderschule oder Integrationsklasse betreut werden, deutliche soziale Anpassungsschwierigkeiten und ein geringer Teil auch das Bild eines Asperger-Syndroms aufweist, wurde ein Screening-Fragebogen entwickelt, der dazu beitragen sollte, diese Kinder zu identifizieren. Wegen der anzunehmenden geringen Häufigkeit dieses Syndroms wurde ein zweistufiges Vorgehen gewählt, bei dem in einer ersten Stufe die Lehrer (an Hand von 6 Fragen) angeben sollten, welche Schüler in ihrer Klasse sozial auffällig waren, um in einer zweiten Stufe eine detaillierte Einstufung des Verhaltens der auffälligen Kinder vorzunehmen. Aus insgesamt 429 Kindern in Sonderschulen für lernbehinderte Kinder und 1.761 Kindern in Integrationsklassen (davon 375 Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf) wurden 117 auffällige Kinder identifiziert, für die die Lehrer einen längeren Fragebogen zum Sozialverhalten beantworteten. Eine Faktorenanalyse dieser differenzierten Beurteilung des Verhaltens der Kinder ergab, dass sich die detaillierten Verhaltensbeurteilungen der Lehrer 7 Dimensionen (u.a. mangelndes soziales Verständnis, sozialer Rückzug, auffällige Intonation und Sprechweise, Spezialinteressen und Bindung an Gegenstände) zuordnen lassen und dass diese Beurteilungen im Weiteren verschiedene Cluster von auffälligen Kindern erkennen lassen. Interviews mit den Lehrern und den Eltern dieser Kinder ergaben, dass ein Teil der auffälligen Kinder tatsächlich eine hohe Wahrscheinlichkeit für die Diagnose eines Asperger-Syndroms aufwies. Allerdings unterschieden sich diese Kinder in ihrem Profil kaum von Kindern, die die Diagnose einer autistischen Störung (nach Kanner) erhalten hatten, was nahelegt, dass es sich hier wohl eher um ein Kontinuum von Störungen als um klar unterscheidbare Syndrome handelt. Es ist zu hoffen, dass eine differenziertere Diagnose von Kindern mit sozialen Anpassungsschwierigkeiten zu einem besseren Verständnis für die Schwierigkeiten dieser Kinder beiträgt. Starting form the hypothesis that a considerable amount of students in special schools as well as learning disabled students in mainstream classes have significant social adaptation problems including a small group with Asperger syndrome, a screening questionnaire for the identification of those students was developed. Since Asperger Syndrome is rather rare a 2-step procedure was chosen in which the teacher would in a first step, by means of six questions, identify those students which were socially awkward and maladjusted. In a second step, the teacher would judge the child?s behavior in more detail. Out of 429 students in special schools for learning disordered children and 1.761 students in mainstream classes (with 375 students with special education needs) 117 maladjusted students were identified, for whom the teachers answered a longer questionnaire on social and behavioral characteristics typical of children with Asperger Syndrome. A factor analysis of these questionnaires resulted in the identification of 7 dimensions (e.g. problems in social comprehension, social withdrawal, curious intonation and manner of speech, special interests and attachement to objects). In a cluster analysis of these scales different patterns of social maladjustment could be discriminated. Interviews with the teachers and parents of these children verified that a small part had a high probability for the diagnosis of Asperger Ssyndrome. However, children who met criteria for this diagnois differed very little from the behavioral profile of children who had been given the diagnosis of an autistic disorder (according to Kanner), thus pointing to a continuum of disorders rather than two clearly separable syndroms. Hopefully, a differentiated diagnosis of children with social adjustment problems leeds to a better understanding of their difficulties. The screening questionnaires developed in this study may contribute to this goal.
Enthalten in:
Sonderpädagogik; 2001/4 Vierteljahresschrift über aktuelle Probleme der Behinderten in Schule und Gesellschaft
(2001)
Serie / Reihe: Sonderpädagogik
Personen: Klicpera, Christian Hippler, Kathrin Gasteiger Klicpera, Barbara Bein, Nikolaus (Mitarb.)
Klicpera, Christian:
Identifikation von Kindern mit schweren sozialen und kommunikativen Auffälligkeiten (Asperger-Syndrom) in der Sonderschule und in Integrationsklassen : die Entwicklung eine Screening-Fragebogens und erste Ergebnisse / Christian Klicpera, Kathrin Hippler, Barbara Gasteiger Klicpera, 2001. - S.211-223 : Tab. - (Sonderpädagogik)
Zeitschriftenaufsatz