Die Kirche kann bei ihrer Selbstorganisation auf eine normative Orientierung am Evangelium nicht verzichten, sie verlöre sonst an Glaubwürdigkeit und Überzeugungskraft. Es gehört zum Selbstverständnis evangelischer Kirche, sich an der Gemeinde zu orientieren. Evangelische Kirche ist Kirche von unten. Demgegenüber zeigt die Kirche der Gegenwart Tendenzen, zentral gesteuerte, dienstleistungsorientierte und marktförmige Sozialformen zu präferieren. Diese Anpassung an die Rationalität des Wirtschaftssystems ist weder im Hinblick auf die religiöse Sozialisation, noch im Hinblick auf die Bindung an die Kirche (und ihre Finanzierung) weiteiführend. Nur eine dezentrale, netzwerkartige Kirche, die vor Ort flexibel auf unterschiedliche Anforderungen und soziale Umwelten reagieren kann, hat Zukunft. Sie pflegt eine Glaubenskultur mitten in den lokalen Sozialräumen und gesellschaftlichen Brennpunkten, engagiert sich zivilgesellschaftlich und übt in christliche Lebenskunst ein.
Enthalten in:
Praktische Theologie; 2010/2 Zeitschrift für Praxis in Kirche, Gesellschaft und Kultur
(2010)
Serie / Reihe: Praktische Theologie
Personen: Karle, Isolde
Karle, Isolde:
Kirchenreform im Spannungsfeld von normativer Ekklesiologie und Empirie / Isolde Karle, 2010. - S.105-115 - (Praktische Theologie) Praktische und Systematische Theologie
Zeitschriftenaufsatz