Der Topos Bildungsungleichheit hat in der jüngsten Zeit eine Renaissance erfahren. Wie im Anschluss an den so genannten Sputnik-Schock und die Diskussionen der 1960er- bis 70er-Jahre wird durch den PISA-Schock die Frage nach der Qualität von Bildung erneut virulent. Gleichzeitig jedoch scheint die heutige bildungstheoretische Debatte zu eingeengt. Sie reduziert sich auf institutionalisierte schulische Bildung und vernachlässigt die zentrale Bedeutung außerschulischer Bildungsprozesse, die sozialstrukturell variieren. So lassen sich aufgrund der - allerdings trotz sozialwissenschaftlicher Dauerbeobachtungen bis heute leider dünnen - Foschungsbasis deutliche Differenzen in milieuspezifischen Bildungsstrategien von Heranwachsenden und ihren Eltern feststellen. In Familie und Gleichaltrigengruppe herrschen demnach erfahrungsbezogene Bildungsinhalte und Strategien vor, die mit den in der Schule dominierenden Leistungs- und Qualifikationsanforderungen auf sehr unterschiedliche Weise zusammentreffen. Die vorgelegte nlesotheoretische Bestimmung von Bildungsstrategien weist auf Möglichkeiten einer differenzierten Analyse von Bildungsprozessen hin, die an die makrostrukturellen Prämissen des Systems sozialer Ungleichheit ebenso anschlussfähig ist wie an mikrostrukturelle, lebensweltliche Erfahrungsbezüge der Schülerinnern und Schüler.
"Educational disadväntage" is experiencing a renaissance as a topic of educational debate. Just as following the so-called Sputnik-Shock and discussions in the '60s and '70s, PISA has renewed the debate an the quality of education. At the saure time, the perspective of current educational theory seems too narrow. It focuses an institutionalized school education and overlooks the central importance of educational processes outside of the school, which vary according to social structure. Despite continuous observations within this field, scientific research is weaker than might be expected. However, differences in milieu-specific strategies for education are clearly identifiable between young people and their parents. We propose that experience-based educational content and strategies predominate in both families and peer groups, and that these coincide with the achievements- and qualifications-based educational demands within schools in quite different ways. The following meso-theoretic investigation of educational strategies points to the potential of analyses, which can integrate both the macrostructural conditions of systems of inequality and the experiential, micro-structural reference points of pupils.
Enthalten in:
Zeitschrift für Erziehungswissenschaft; 2003/1
(2003)
Serie / Reihe: Zeitschrift für Erziehungswissenschaft
Personen: Grundmann, Matthias
Milieuspezifische Bildungsstrategien in Familie und Gleichaltrigengruppe / Matthias Grundmann ..., 2003. - S.25-45 - (Zeitschrift für Erziehungswissenschaft) Soziale Ungleichheit
Zeitschriftenaufsatz