Nach den PISA-Studien entstanden viele unterschiedliche Deutungen über die Gründe dafür, weshalb das deutsche Schulsystem Bildungsungleichheiten verstärkt (Kap. 1). Neben tendenziell monokausalen Deutungen existieren als zwei ausdifferenzierte Erklärungsansätze die quantitativ operierenden Studien zu Struktur- und Kompositionseffekten sowie die dem Paradigma qualitativer Sozialforschung entstammenden Untersuchungen zu schulkulturellen Institutionen-Milieu-Passungen. Im Kontext der Diskussion dieser Erklärungsmodelle wird die Hoffnung formuliert, durch multiprofessionelle Teams den Ungleichheit stiftenden Effekten Abhilfe schaffen zu können, indem diese die Widersprüchlichkeit der Institution Schule - gleichzeitig Ort der Förderung persönlicher Entwicklung und Selektionsagentur zu sein - besser zu bearbeiten helfen (Kap. 2). Im Beitrag wird anhand von Fallstudien (Kap. 3-5) der Frage nachgegangen, inwieweit die Hoffnung auf die positiven Effekte unterschiedlicher Professionskulturen berechtigt sein könnte oder inwiefern nicht durch Dissonanzausgleiche in den Deutungen der Professionellen erneut davon auszugehen ist, dass schulformspezifische und/oder schulkulturelle Passungsverhältnisse durchschlagen, so dass eben jene Schülerinnen und Schüler weiterhin benachteiligt werden, die schon jetzt im Schulsystem nicht die ausreichende kompensatorische Unterstützung erhalten.
The Programme for International Student Assessment (PISA) has revealed that the school system in Germany reproduces and even increases educational inequalities. Until today there have been many different interpretations of this result (chapter one). Beside interpretations that are rather monocausal there exist two more differentiated explanations. Firstly, re-analyses of the large-scale assessments explain the phenomenon by effects relating to the type of school as well as to the composition of pupils. Secondly, in the paradigm of structure theory, qualitative studies explore the matching of the institution and the social environment of the pupils. In the discussion following these approaches, multi-professional teams are seen as a possible answer to the problem of educational inequalities. The reason is that they might help to deal with the main contradiction of school: On the one hand, schools have to support the individual development of each pupil. On the other hand, schools must select (chapter two). Based on case studies, the article deals with the question whether the cooperation of multi-professional teams can indeed reduce educational inequalities (chapter three to five). Or may the balancing of dissonances in the professionals' interpretations induce a school typical or school cultural matching, which leads to the fact that those pupils are disadvantaged who are already not sufficiently supported at school?
Enthalten in:
Die Deutsche Schule; 2014/1 Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, Bildungspolitik und pädagogische Praxis
(2014)
Serie / Reihe: Die Deutsche Schule
Personen: Heinrich, Martin Faller, Christiane Thieme, Nina
Heinrich, Martin:
Neue alte Bildungsgleichheit durch professionskulturellen Dissonanzausgleich in differenziellen Lernmilieus? : Zum möglichen Einfluss von Struktur- und Kompositionseffekten und schulkulturellen Institutionen-Milieu-Passungen auf Deutungen von Lehrkräften und Professionellen der Sozialen Arbeit / Martin Heinrich ; Christiane Faller ; Nina Thieme, 2014. - S.30-49 - (¬Die¬ Deutsche Schule) Schule und Jugendhilfe
Zeitschriftenaufsatz