Eine Wissenschaft wie die Religionspädagogik ist beständig in Bewegung. Sie gleicht einer chaotischen Baustelle. Unterschiedliche Forscher/innen basteln gleichzeitig an einem großen, vielförmigen Theoriegebäude. Hier werden Teile des Gebäudes eingerissen und vernichtet Dort werden Bauelemente wiederentdeckt und restauriert. Andernorts entstehen kühne Neuerungen. All dies geschieht gleichzeitig - teils miteinander und teils gegeneinander Immerfort wandelt sich die Gestalt des Theoriegebäudes. Kein Architekt ist zur Stelle, der die Arbeiten steuert und überwacht. Und doch ist das Sägen, Hämmern und Mauern nicht bloß zufällig. Das Bauwerk muss wandelnden Zeitläuften standhalten. Die Wissenschaftler/innen haben sich auf eine gemeinsame Umwelt einzustellen. Zudem versuchen sie, sich kommunizierend aufeinander zu beziehen. Sie führen einander vor woran sie basteln. Sie bestärken sich gegenseitig oder üben Kritik. Sie lernen voneinander miteinander und manchmal auch gegeneinander Nicht immer gelingt dies. Doch trotzdem: Im planlos wirkenden Tun werden Strukturen erkennbar. Einzelne Baumaßnahmen greifen ineinander Das Haus lässt ein besonderes Gepräge erkennen. Sichtbar wird ein besonderer Baustil, der für eine bestimmte Epoche und Region kennzeichnend ist. Die Religionspädagogik als eine beständige Baustelle. Indem ich dieses Bild heranziehe, will ich verdeutlichen: Es ist nicht ohne weiteres möglich, im vielfältigen Schaffen derer die in Deutschland wissenschaftliche Religionspädagogik treiben, Analogien und Gemeinsamkeiten zu entdecken. Wer Entwicklungen und Tendenzen ausmachen will, die für die aktuelle Religionspädagogik in Deutschland charakteristisch sind, braucht Mut. Er braucht Mut, Schneisen zu schlagen. Und zwar Schneisen durch die erstaunliche Vielfalt der Aufsätze und Bücher die die vergleichsweise kleine Schar der Religionspädagog/innen Jahr für Jahr auf den Markt bringt. Solches "Schneisen-Schlagen" bleibt bis zu einem gewissen Grade subjektiv. Ein anderer Beobachter würde ja vielleicht auf ein- und derselben Baustelle ganz andere Trends und Tendenzen erkennen. Diese einschränkende Bemerkung vorausschickend, will ich nun aber doch fragen: Was bewegt die deutschsprachige Religionspädagogik und was bewegt sich in der deutschsprachigen Religionspädagogik? Welche Themen sind besonders akut? Welche Forschungsschwerpunkte schälen sich heraus?
Enthalten in:
rhs-Religionsunterricht an höheren Schulen; 2004/2 Zeitschrift des Bundesverbandes der katholischen Religionslehrer und Religionslehrerinnen an Gymnasien e.V.
(2004)
Serie / Reihe: rhs-Religionsunterricht an höheren Schulen
Personen: Porzelt, Burkard
Porzelt, Burkard:
Neuerscheinungen und Entwicklungen in der deutschen Religionspädagogik / Burkard Porzelt, 2004. - S.57-71 - (rhs-Religionsunterricht an höheren Schulen) Neues aus der Religionspädagogik
Zeitschriftenaufsatz