Nichteheliche Geburten haben in den 1990er Jahren in Westdeutschland, vor allem aber in Ostdeutschland, stark an Bedeutung gewonnen. Der deutsche familialistische Wohlfahrtsstaat fördert steuerlich und sozialpolitisch vorrangig verheiratete Paare. Zugleich unterscheidet er zwischen Alleinerziehenden und nichtehelichen Lebensgemeinschaften lebenden Müttern. Vor diesem Hintergrund ist zu erwarten, dass verheiratete, kohabitierende und alleinerziehende Mütter sich in ihren sozialstrukturellen Hintergründen und hauptsächlichen Unterhaltsquellen (Einkommen des Partners, staatliche Transferzahlungen und eigenes Einkommen) unterscheiden. Analysen der Mikrozensen der Jahre 1991-2000 unterstützen diese These teilweise. Alleinerziehende Frauen haben häufiger einen geringen Bildungsabschluss und sind stärker von sozialstaatlichen Transferzahlungen abhängig als Frauen in anderen Familienformen. In Westdeutschland leben gut ausgebildete Mütter häufiger in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft als einer Ehe. Kohabitierende Mütter sind zudem häufiger Vollzeit erwerbstätig als andere Mütter. In Ostdeutschland bestehen nur geringe Unterschiede zwischen verheirateten und in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft lebenden Müttern im Hinblick auf den Bildungsabschluss und das Ausmaß der Erwerbsbeteiligung. Auch verheiratete Mütter sind selten vom Einkommen des Partners abhängig. Die ökonomische Unabhängigkeit verheirateter Mütter ist ein zentrales Merkmal des Wandels der Familie in Ostdeutschland und begründet anhaltende Ost-West-Unterschiede in den ökonomischen Grundlagen von Familien.
In the 1990s, non-marital motherhood has become more common in western and particularly in eastern Germany. The German familialistic welfare regime favours married couples, and treats single mothers differently from cohabiting mothers. One would expect that married, cohabiting and single mothers differ by socio-economic characteristics and by the way they rely on partner income, transfers and own employment for their subsistence. Evidence from the German micro-census 1991 to 2000 gives partial support for this hypothesis. Single mothers are poorly educated and frequently rely on public transfers. In western Germany, mothers in non-marital unions are more often highly educated and employed full-time than married mothers. In eastern Germany, married mothers and those in marital unions do not differ by educational status nor by their employment behaviour. Even married mothers are rarely dependent on the partner income for their subsistence. The economic independence of married mothers is a central characteristic of family change in eastern Germany, and it contributes to persistent east-west-differences in the economic foundation of families.
Enthalten in:
Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie; 2005/1
(2005)
Serie / Reihe: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie
Personen: Konietzka, Dirk Kreyenfeld, Michaela
Konietzka, Dirk:
Nichteheliche Mutterschaft und soziale Ungleichheit im familialistischen Wohlfahrtsstaat : zur sozioökonomischen Differenzierung der Familienformen in Ost- und Westdeutschland / Dirk Konietzka und Michaela Kreyenfeld, 2005. - S.32-61 : graph. Darst., Tab. - (Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie)
Zeitschriftenaufsatz