Müller, Christoph Michael
Orientieren sich Kinder mit Autismus stärker an Farbe und graphischer Ähnlichkeit als an Bedeutung?
Zeitschriftenaufsatz

In der Theorie der schwachen Kohärenz wird postuliert, dass Menschen mit Autismus einen Vorzug von Details gegenüber Bedeutung zeigen. Es wurde untersucht, ob sich ein solcher Wahrnehmungsvorzug auch für Farbe und weitere graphische Merkmale zeigen lässt. Die Untersuchungsteilnehmer bestanden aus einer Gruppe von Kindern mit High-functioning Autismus/Asperger Syndrom und einer Gruppe normal entwickelter Kinder, die im IQ und Alter vergleichbar waren. In Experiment 1 sollten die Probanden Bilder entweder nach graphischer Ähnlichkeit oder nach Bedeutungszusammenhängen zuordnen, wobei sich beide Lösungen gegenseitig ausschlossen. Hier ergab sich kein signifikanter Gruppenunterschied. In einer zweiten Testsitzung wechselten die Kinder ihre Zuordnungsstrategie zugunsten von Bedeutungszusammenhängen, wenn sie die Bilder vor dem Zuordnen benennen sollten. In Experiment 2 ordneten die autistischen Kinder LEGO-Figuren signifikant häufiger entsprechend der Farbe und nicht dem Bedeutungszusammenhang zu. Die Ergebnisse deuten auf einen relativen Vorzug autistischer Kinder für Farbe und eine Bedeutungsaktivierung durch das Benennen von Informationen hin. Theoretische und praktische Implikationen werden diskutiert.
The theory of weak coherence predicts, that information-processing in individuals with autism is characterized by a preference for details and not for meaning. Here it was investigated if colour and graphical features are preferred, too. Participants were children with high-functioning autism/Asperger syndrome and a control group of typically developing children matching in IQ, age and sex. In Experiment 1 pictures could be matched either according to congruence in graphical similarity or meaningful relation but not both. Hence, a choice for either graphical similarity or meaning had to be made. No significant group differences were found. In a second test session an additional manipulation required the subjects to name the presented pictures aloud before matching them. This manipulation led most children with autism to match pictures according to meaning. In Experiment 2 participants with autism matched LEGO-figures significantly more often according to color than to meaningful relation. It is concluded that children with autism exhibit a relative preference for color and that naming objects can activate meaningful processing. Results are discussed in terms of weak coherence and practical implications.

Enthalten in:
Sonderpädagogik; 2007/4 Vierteljahresschrift über aktuelle Probleme der Behinderten in Schule und Gesellschaft (2007)


Serie / Reihe: Sonderpädagogik

Personen: Müller, Christoph Michael Nußbeck, Susanne

Schlagwörter: Empirische Untersuchung Kind Wahrnehmung Autismus

Müller, Christoph Michael:
Orientieren sich Kinder mit Autismus stärker an Farbe und graphischer Ähnlichkeit als an Bedeutung? / Christoph M. Müller und Susanne Nußbeck, 2007. - S.183-194 : graph. Darst. - (Sonderpädagogik)

Zugangsnummer: U-0242627
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