Herzog, Walter
Pädagogik als Fiktion? Zur Begründung eines Systems der Erziehungswissenschaft bei Wolfgang Brezinka
Zeitschriftenaufsatz

Unter den zeitgenössischen Pädagogen ist Brezinka einer der wenigen, die an einer systematischen Pädagogik arbeiten. Dabei geht er in zwei Richtungen vor, wissenschaftstheoretisch und begriffsanalytisch. Die wissenschaftstheoretische Stoßrichtung soll zur Begründung der Pädagogik als Wissenschaft führen. Brezinka orientiert sich dabei in dogmatischer Weise an der analytischen Wissenschaftstheorie. Die begriffsanalytische Stoßrichtung dient der Explikation und Klärung der Grundbegriffe des erziehungswissenschaftlichen Systems. Brezinka geht dabei vom faktischen Gebrauch der pädagogischen Sprache in vorwissenschaftlichen Erziehungslehren aus. Insofern ist sein Vorgehen analytisch. Es zeigt sich, daß die beiden Vorgehensweisen zur Begründung eines "Systems der Erziehungswissenschaft" zu Inkonsistenzen führen. Während Brezinka im wissenschaftstheoretischen Kontext ein kausalistisches und deterministisches Bild des pädagogischen Handelns zeichnet, gelangt er in seinen begriffsanalytischen Arbeiten an die Grenze eines Verständnisses von Erziehung als offenem, zeitlich strukturiertem Handeln. Aufgrund der mit seiner wissenschaftstheoretischen Position verbundenen impliziten atemporalen Ontologie vermag er jedoch die geschichtliche Struktur des (erzieherischen) Handelns nicht zu fassen. Brezinkas Programm eines "Systems der Erziehungswissenschaft" verkommt damit zur Fiktion.

Enthalten in:
Zeitschrift für Pädagogik; 1988/1 (1988)


Weiterführende Informationen


Serie / Reihe: Zeitschrift für Pädagogik

Personen: Herzog, Walter

Schlagwörter: Pädagogik Erziehung Wissenschaftstheorie Positivismus Erziehungswissenschaft Hilfe Handlungstheorie Begriffsanalyse

Herzog, Walter:
Pädagogik als Fiktion? : Zur Begründung eines Systems der Erziehungswissenschaft bei Wolfgang Brezinka / Walter Herzog, 1988. - S.87-108 - (Zeitschrift für Pädagogik)

Zugangsnummer: U-0106151
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