Pappi, Franz Urban
Sozialstrukturelle Interessenlagen und Parteipräferenz in Deutschland Stabilität und Wandel seit 1980
Zeitschriftenaufsatz

Mit Allbus-Analysen für den Zeitraum 1980 bis 2008 werden Stabilität und Wandel des Einflusses sozialstruktureller Interessenlagen auf die Parteipräferenz in Deutschland untersucht. Traditionelle Cleavage-Indikatoren wie Gewerkschaftsmitgliedschaft und Kirchgang werden um weitere Merkmale der sozialstrukturellen Interessenlage wie subjektive Schichtidentifikation, Zugehörigkeit zu bestimmten Berufsklassen wie der sozialen und kulturellen Dienstklasse oder Erfahrung mit Arbeitslosigkeit ergänzt. Um das Auf und Ab politischer Konjunkturzyklen als Störeinfluss zu kontrollieren, wird ein Zweiebenenmodell mit variierenden Konstanten für die 16 Erhebungszeitpunkte des Allbus berechnet. Als Abweichungen von den erwarteten stabilen Beziehungen zwischen sozialstrukturellen Interessenlagen und Parteipräferenz sind erwähnenswert: Erstens die in der jüngeren Generation katholischer Kirchgänger nachlassende Präferenz für die Unionsparteien und die in der unmittelbaren Transformationsphase von der DDR zur BRD zu beobachtende verstärkte Neigung der ostdeutschen Arbeiterschicht zur Union; zweitens die seit 2004 zu beobachtende Distanzierung eines Teils der Gewerkschaftsmitglieder von der SPD und die Hinwendung zur Linken als gesamtdeutscher Effekt; und drittens die durchgängige Bevorzugung der PDS/Linken durch die Wahlberechtigten, die Erfahrungen mit der Arbeitslosigkeit machen mussten. Die Grünen und die FDP haben ein stabiles sozialstrukturelles Fundament; erstere in der sozialen und kulturellen Dienstklasse und letztere in der oberen Mittelschicht und bei den Selbstständigen. Allerdings ist die FDP-Neigung der Selbstständigen im Untersuchungszeitraum erst seit 1984 festzustellen, also nach Beendigung der sozialliberalen Koalition 1982.
Based on Allbus data, stability and change of the impact of social structurally defined interests on party preference in Germany is investigated. We use both traditional cleavage indicators like union membership or frequency of church attendance and further social structural characteristics like class identification, occupation or unemployment experience. We apply a two-level model with varying intercepts for the 16 Allbus surveys from 1980 to 2008. Beyond the expected results we observe some deviations from the stable relationship between social structural variables and party preference. (1) The younger generation of active Catholics prefers the Christian Democrats less than the older cohorts and the East German working class leaned towards this party immediately after unification. (2) Union members got alienated from the Social Democrats since 2004 due to reforms of unemployment benefits for people being out of work for a longer period of time with the consequence that Die Linke could profit from this trend in West and East Germany. (3) This left socialist party and its forerunner, the PDS, has always been the preferred party of people with unemployment experience. (4) The Greens and the Liberal Party are enduringly supported by specific social groups, the Greens by the social and cultural service class and the FDP by the self-employed, at least since this latter party ended the social liberal coalition with the SPD in 1982.

Enthalten in:
Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie; 2010/3 (2010)


Serie / Reihe: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie

Personen: Pappi, Franz Urban Brandenburg, Jens

Schlagwörter: Empirische Untersuchung Ostdeutschland Partei Interesse Westdeutschland Sozialstruktur Präferenz

Pappi, Franz Urban:
Sozialstrukturelle Interessenlagen und Parteipräferenz in Deutschland : Stabilität und Wandel seit 1980 / Franz Urban Pappi ; Jens Brandenburg, 2010. - S.459-483 : graph. Darst., Tab. - (Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie)

Zugangsnummer: U-0277797
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