Zur Zeit nimmt die Diagnose ADS massiv zu und damit einhergehend das Versprechen, durch Medikamente wirksame Besserung zu erzielen. Dies scheint bei einer Störung mit hoher "genetischer Bedingheit" auf der Hand zu liegen. Doch sind derartige Vorstellungen unvereinbar mit entwicklungspsychopathologischen und neuropsychologischen Theorien und Befunden. Ein Kernproblem von ADS ist erhöhte Ermüdbarkeit, auf die bezogen Kinder verschiedene Kompensationsstrategien (u.a. Hyperaktivität) entwickeln. Mit dem Schulalter kommen entwicklungsniveauspezifische Probleme des Verhältnisses von visueller und verbaler Repräsentation ins Spiel. Eine nicht defizitäre Sicht könnte ADS als Grundlage spezifischer Kompetenzen betrachten. Als defizitäre soziale Erscheinung ist ADS in jedem Falle das Resultat von sozialen Konstruktionen unterschiedlicher Ebenen, für deren Analyse u.a. Foucaults Theorie der Bio-Macht herangezogen wird.
Enthalten in:
Zeitschrift für Heilpädagogik; 2001/6
(2001)
Serie / Reihe: Zeitschrift für Heilpädagogik
Personen: Jantzen, Wolfgang
Jantzen, Wolfgang:
Über die soziale Konstruktion von Verhaltensstörungen : das Beispiel "Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom" (ADS) / Wolfgang Jantzen, 2001. - S.222-231 - (Zeitschrift für Heilpädagogik)
Zeitschriftenaufsatz