Seus, Lydia
Überraschende Beziehungen: Lebenslauf, Kriminalität, Geschlecht
Zeitschriftenaufsatz

Thema dieses Beitrags ist die Analyse der Beziehung zwischen Geschlecht und Kriminalität auf der Grundlage einer Lebenslauftheorie. In einem ersten Teil werden die theoretischen Beziehungen der Begriffe Geschlecht, Deliquenz und Lebenslauf rekapituliert. Überraschenderweise scheint "Geschlecht" immer noch eine weitgehend vernachlässigte Kategorie in der kriminologischen Längsschnittforschung zu sein, obwohl viele Studien zeigen, dass die Strukturkategorie Geschlecht - mehr als alle anderen Faktoren - für Unterschiede in der Deliquenzbelastung verantwortlich ist. Auf der Basis der Ergebnisse eines Längsschnittforschungsprojekts an der Universität Bremen zeigen die Autoren, dass statistische Modelle zwar geschlechtsspezifische Unterschiede aufzeigen können, deren Erklärung aber nur partiell bleibt, da in standardisierten Daten geschlechtsspezifische Formen informeller sozialer Kontrolle untererfasst bleiben. Dagegen machen stärker interpretativ ausgerichtete Untersuchungsansätze deutlich, in welchem Umfang geschlechtsspezifische Lebenslaufmuster und "Normalbiographien", unterschiedliche Typen sozialer Kontrolle sowie ungleiche biographische Optionen und Perspektiven mit der unterschiedlichen Kriminalitätsentwicklung junger Männer und Frauen in Beziehung gebracht werden können.
The primary issue of this article is the analysis of the relationship between gender and criminality on the basis of life course theory. In a first step the theoretical relation of gender, delinquency, and life course is summarized. Surprisingly, gender still turns out to be a widely neglected analytical category in the domain of longitudinal research in criminology, although many studies show that gender - more than any other factor - seems to be responsible for the greatest difference in delinquent behaviour. On the basis of the findings of a longitudinal research project at the University of Bremen, the authors point out that statistical modelling can capture the gender differences in delinquency and criminalization, but only partially explain them. This is related to the fact that standardized data contain only minimal information about gender specific informal social control. However, an interpretative approach reveals to what extent gender specific normative life course patterns and types of social control as well as unequal biographical options and perspectives can be related to the different development of "criminality" of young women and men.

Enthalten in:
Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie; 2003/Sonderheft 43 (2003)


Serie / Reihe: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie

Personen: Seus, Lydia Prein, Gerald

Schlagwörter: Empirische Untersuchung Kindheit Adoleszenz Lebenslauf Geschlecht Kriminalität Peer group Delinquenz

Seus, Lydia:
Überraschende Beziehungen: Lebenslauf, Kriminalität, Geschlecht / Lydia Seus und Gerald Prein, 2003. - S.215-239 - (Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie)

Zugangsnummer: U-0205431
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