Der Beitrag diskutiert die Entwicklung der Schulkultur in den letzten Jahrzehnten. Die Schulkultur, als eine sich universalisierende kulturelle Form, wird von der Pluralität länderspezifischer, regionaler und lokaler "Schulkulturen" unterschieden. Diese Schulkulturen werden begriffen als symbolische, sinnstrukturierte Ordnungen der einzelnen Schulen, die von den schulischen Akteuren in der Auseinandersetzung mit äußeren Strukturvorgaben konkret ausgestaltet werden. Für vier Dimensionen der Schulkultur werden thesenhaft Entwicklungsrichtungen formuliert: Für die schulischen Anerkennungs- und Partizipationsverhältnisse wird die Ablösung des besonderen Gewaltverhältnisses durch eine ambivalente Partizipationsaufforderung behauptet. Für die Leistungsdimension wird deren zunehmende Vorrangstellung und die Universallsierung individualisierter Leistungserbringung diagnostiziert. Für die pädagogischen Orientierungen wird die Entwicklung von einer Unterordnungs- und Gehorsamsforderung hin zur antinomischen Anforderung an informalisierte schulische Aushandlungsprozesse festgestellt und für die Fachinhalte die These einer Entwicklung des Kanons zum flexibilisierten Angebot und seinen Ambivalenzen aufgestellt. Abschließend werden grundlegende Bestimmungen zum Verhältnis von System, Organisation, Reflexion und Profession für die Schule herausgearbeitet. Die Schulkultur wird als Kultur einer inkonsistenten, nicht zum Abschluß gelangten Systembildung des Pädagogischen verstanden mit daraus resultierenden Strukturproblemen, die in jeder Schule eine eigene Bearbeitung und Ausdruckgestalt erfährt. A changing school culture This paper discusses the developments in school culture during the last few decades. School culture, as a universalising cultural form, is understood as distinct from the plurality of country specific, regional, and local 'school cultures'. These school cultures are understood as symbolic, meaning-structuring constellations present in individual schools, which are finally shaped by their actors in interaction with their respective structural environment. Development trajectories will be sketched for four dimensions of school culture: For the dimensions of recognition and participation in the school environment, a substitution of traditional power relations for the ambivalent demands of increased participation is claimed. Concerning the performance dimension, its increasing importance per se and the universalisation of individualised performance is diagnosed. For the pedagogical orientation, a development away from demands of subservience and obedience towards the antonymous demand for an informal negotiation process within the school setting is determined and, regarding school subjects, a development of the curriculum towards a more flexible offer, and the ambivalence of this, is proposed and discussed. Finally, fundamental determinants of the relationship between system, organisation, reflection and profession are constructed for the school. School culture is understood as an inconsistent systemic development, which has not yet reached completion. This results in structural problems, which every school processes and articulates in its own way.
Enthalten in:
Zeitschrift für Erziehungswissenschaft; 2000/1
(2000)
Serie / Reihe: Zeitschrift für Erziehungswissenschaft
Personen: Helsper, Werner
Helsper, Werner:
Wandel der Schulkultur / Werner Helsper, 2000. - S.35-60 - (Zeitschrift für Erziehungswissenschaft) Wandel Pädagogischer Institutionen
Zeitschriftenaufsatz