5 Jahre lang verfolgte eine Studie den Werdegang von Schülern aus ostwestfälischen Grundschulen für Erziehungshilfe, um Indikatoren zu ermitteln, die eine erfolgreiche Rückschulung von verhaltensgestörten Sonderschülern in die allgemeine Schule bedingen. Ergebnisse: Die Rückschulquote lag bei über 50 %, was weit über den diesbezüglichen Ergebnissen anderer Studien liegt. Dennoch wurde deren Trend im wesentlichen bestätigt: für ca. 73 % der Schüler war die SfE keine Durchgangsschule auf dem Weg zurück in die all- gemeine Schule. Verläßliche Instrumentarien einer individuumszentrierten Diagnose sind CFT 20, BAUT, Bielefelder Schulquiz. Lehrereinschätzungen und Noten sind nur bedingt valide. Je höher die kognitiven Leistungen und Fähigkeiten des Schülers, desto eher erfolgt eine Rückschulung und desto größere Chancen auf Erfolg hat diese. Bereits die Mathematiknote läßt zuverlässige Prognosen zu. Verhaltensvariablen und schul-organisatorische Bedingungen spielen demgegenüber nur eine untergeordnete Rolle. Die Ergebnisse weisen auf Schwächen in der gängigen Kategorisierungspraxis von Verhaltengestörten hin, denn viele SfE Schüler scheinen allein aufgrund ihrer intellektuellen Voraussetzungen einem zielgleichen Unterricht in der allgemeinen Schule nicht folgen zu können. Die Rückschulung der Schüler ins allgemeine Schulsystem ist explizites Ziel der SfE. Trotz dem bilden Unsicherheiten bei der Entscheidung für oder gegen eine Rückschulung für uns Sonderschullehrer eine alltägliche Erfahrung. Es gibt keinen Katalog von Kriterien, an den man sich halten könnte, denn es gibt nur sehr wenige Daten zur Rückschulung: offizielle Statistiken existieren nicht; die bisherigen Forschungen zur Rückschulung scheinen mehr als unbefriedigend. Die Rückschulquote wird statistisch erfaßt (vgl. Ammann 1986; Fritz 1984; Quenstedt 1985), es wird allein das Rückschuldatum selbst fokussiert und eine kleine, nicht repräsentative Stichprobe untersucht (vgl. Goetze/ Heydemann 1987). Auch die bislang umfassendste deutsche Studie zum Thema von Schlepphorst (1990) bietet lediglich eine nicht systematisch angelegte Einzelfallstudie und eine punktuelle, zudem nur auf Lehrerbeurteilungen gestützte Längsschnittuntersuchung der Rückschulkriterien, Ansatzpunkt unserer Studie war daher, die Lücke der Forschungsversäumnisse zum Thema Rückschulung aufzuarbeiten und für zukünftige Studien, aber auch innerhalb schulpolitischer Diskussionen, fruchtbare Anstöße zu liefern. Neben der Frage nach Rückschulquote und Rückschulkriterien war uns die weitere Schullaufbahn der ehemaligen SfE-Schüler wichtig: welche individuelle Merkmale bedingen den Erfolg eines Schülers im allgemeinen Schulsystem? Diese Perspektive sollte zu Aussagen führen, die Fehleinschätzungen und ungerechtfertigte Rückschulungen für Schüler wie Lehrer negative Erfahrungen verhindern helfen könnten.
Enthalten in:
Sonderpädagogik; 1999/1 Vierteljahresschrift über aktuelle Probleme der Behinderten in Schule und Gesellschaft
(1999)
Serie / Reihe: Sonderpädagogik
Personen: Voigt, Ulrich
Voigt, Ulrich:
Wie erfolgreich sind wir und warum? : Eine Studie zum Rückschulungserfolg von Schülern mit Verhaltensstörungen / Ulrich Voigt, 1999. - S.4-13 : graph. Darst. - (Sonderpädagogik)
Zeitschriftenaufsatz