Ausgehend von der Frage, welche Bedeutung geschichtliches Denken für das Selbstverständnis der Behindertenpädagogik als Wissenschaft haben könne, wurde zunächst die neuere Diskussion in der Fachhistorie und der Erziehungsgeschichte um die Aufgabe historischen Denkens und Forschend nachgezeichnet. Das im weiteren erfolgt Messen gewandelter erkenntnistheoretischer Positionen am Stand der Historiographie den Behindertenpädagogik führte zu dem Schluß, daß in der Sonderpädagogik nach wie vor sowohl eine Vernachlässigung von Geschichte als auch eine ungenügende Rezeption wissenschaftstheoretischer Diskussionen der Geistes. und Sozialwissenschaften vorherrschen. Als eine wichtige Urasche für den Tatbestand wurde die weitgehende Verdrängung der Zeit des Nationalsozialismus innerhalb der Behindertenpädagogik benannt, beispielhaft dargestellt am Lebenslauf Gustav Lesemanns. eine behindertenpädagogische Historiographie, die sich als ein Instrument der Aufklärung und kritischen Deutung von Vergangenheit und Gegenwart versteht, muß ihren Ausgang von den drängenden Fragen der Gegenwart nehmen. Bezogen auf die aktuelle Debatte um die Legitimität einer eigenständigen Lernbehindertenschule , hätte Geschichte drei Aufgaben zu erfüllen: Sie müßte aufklären über die Entstehung des Sonderschulwesens, sie hätte zu suchen nach historischen Alternativen und deren Wirkungsgeschichte, und die müßte verstärkt sozial- und alltagsorientierte methodische Ansätze berücksichtigen.
Enthalten in:
Sonderpädagogik; 1986/2 Vierteljahresschrift über aktuelle Probleme der Behinderten in Schule und Gesellschaft
(1986)
Serie / Reihe: Sonderpädagogik
Personen: Ellger-Rüttgardt, Sieglind
Ellger-Rüttgardt, Sieglind:
Zur Funktion historischen Denkens für das Selbstverständnis der Behindertenpädagogik / Sieglind Ellger-Rüttgardt, 1986. - S.49-61 - (Sonderpädagogik)
Zeitschriftenaufsatz