Husmann, Bärbel
Das Eigene finden eine qualitative Studie zur Religiosität Jugendlicher
Buch

Bärbel Husmann legt eine gut lesbare und lesenswerte, methodisch und inhaltlich weiterführende Dissertation vor. Ihre religionspädagogische Konzeption bestimmt das Interesse und Vorgehen ihrer Studie: Welche Formen religionspädagogischen und kirchlichen Handelns begleiten Jugendliche so, dass sie ihre eigene Sicht ("Das Eigene finden") von Religion, ihre Religiosität, entdecken, entfalten und formulieren können? Damit in den zehn ausgewerteten Interviews von 14-18-Jährigen wirklich deren Sicht von Religion zur Sprache kommt, geht sie methodisch sehr behutsam vor. Die Anlage der Gespräche ermöglichen den jungen Menschen selbst die Thematik zu strukturieren, ihre Schwerpunkte zu setzen und auch selbst zu definieren, was sie unter Religiosität verstehen. Erst im weiteren Verlauf des Gespräches fragt die Autorin nach der Position zu vorher festgelegten Themen, falls die Jugendlichen diese noch nicht von sich aus angesprochen haben.
Die jeweils etwa zwölf Seiten umfassenden zehn Fallanalysen nehmen die Leserinnen und Leser mit hinein in die Gespräche und ermöglichen eigene Entdeckungen und Deutungen. Diese können anschließend mit den anregenden Interpretationen Bärbel Husmanns verglichen werden.
Auf diese Weise beginn man fast von alleine, über Jugendliche nachzudenken, die man selbst kennt, auch darüber, ob und wie man mit ihnen im Gespräch ist, welche Entfaltungsmöglichkeiten man ihnen anbietet und wie (schnell) man sich von ihnen ein Bild macht.
Die Schlussfolgerungen, die Bärbel Husmann nach einer zusammenfassenden Analyse zieht, sind in der Darstellungsform ungewöhnlich und gerade deswegen überzeugend.
Die ehemalige Dozentin für den gymnasialen Arbeitsbereich am RPI Loccum verlässt die Haltung der möglichst nur verstehen wollenden Forscherin und entwickelt neun Visionen von einem "biographiebegleitendem, religionspädagogischem, aber auch seelsorgerlichem und gemeindepädagogischem Handeln" (S. 218).
Spannend - und auf Grund der ausgewerteten Interviews plausibel - ist, dass viele Visionen der Religionspädagogin sich auf die Gemeindearbeit beziehen: Sorgsame Gestaltung und Vergewisserung der Säuglingstaufe, gemeindepädagogische Begleitung der religiösen Primärsozialisation, Vertrautheit mit den Hauptamtlichen der Kirchengemeinde und den Kirchengebäuden ("Auch die protestantischen sind offen!") und Einbindung von Elementen der Konfirmandenarbeit in der Grundschulzeit.
Die religionspädagogischen Schlussfolgerungen sind auf den ersten Blick nicht spektakulär, auf den zweiten aber um so mehr: Es wäre schon viel, wenn die Religionslehrkräfte theologisches Fachwissen - auch über die jeweils andere Konfession! - und pädagogisches Geschick hätten. Dass die Studie hier einen erheblichen Mangel konstatiert, muss erschrecken.
Anlage und Inhalt der Studie lädt ein zum Weiterdenken, z.B.:
In welcher Art von Unterricht haben Schülerinnen und Schüler Gelegenheit, über ihre eigene Religiosität nachzudenken und zu sprechen?
Welche Themen bringen Jugendliche zur Sprache, wenn sie auf die hier vorgeschlagene Weise ihr Eigenes entfalten können?
Was befähigt Religionslehrkräfte dazu, junge Menschen dabei begleiten zu können?

(Herbert Kumpf)


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Serie / Reihe: Arbeiten zur Religionspädagogik 36

Personen: Husmann, Bärbel

Schlagwörter: Jugendlicher Religiosität Fallstudie Empirische Untersuchung Studie Religiöse Sozialisation

B 22
Husm

Husmann, Bärbel :
¬Das¬ Eigene finden : eine qualitative Studie zur Religiosität Jugendlicher / Bärbel Husmann. - Göttingen : V&R unipress, 2008. - 240 S. - (Arbeiten zur Religionspädagogik; 36)
ISBN 978-3-89971-471-5 44,90

Zugangsnummer: 0046153001 - Barcode: 01194302
Religiöse Sozialisation - Buch