Keine Religion – so der Vorwurf – behandele ihre Heilige Schrift so achtlos oder auch wertneutral wie das Christentum. Stimmt das? Juden jedenfalls berühren die Thora niemals mit bloßen Händen, Muslime legen den Koran niemals auf dem Boden ab. Auch wenn das möglicherweise nur Symbolhandlungen sind – sie bezeugen unverkennbar den Wert der Heiligen Schriften, halten die Achtung vor ihr wach. Wie halten Sie Ihre Bibel in den Händen? Wo bewahren Sie sie auf? Ein Buch unter vielen, zudem eines mit sieben Siegeln, mit sperrigen Texten, die mühseliges Rätseln abverlangen. Oder doch eine Aufgabe an sich selbst, der Mühe lohnend, weil ein wertvoller Schatz – eben das Wort Gottes?
Der Titel Die Bibel – Geschichtenschatz ist in diesem Zusammenhang ein entschiedenes Plädoyer, das den Wert der Bibel unterstreichen will. Das Wort Geschichtenschatz mag vielleicht kindlich oder gar naiv anmuten, doch zeigt es ohne jedwede Zurückhaltung an, dass es hier etwas zu bergen gibt: einen Schatz, der herausfordert, bestärkt und auf eine bestimmte Weise wahr ist oder Wahrheit erzählt. Die biblischen Erzählungen lehren uns niemals nur eine Aussage, lesen wir den Abschnitt zu späterer Zeit einmal wieder, tut sich ein neuer Zuspruch auf, einer, der zuvor verborgen, unbemerkt war. Und so könnte es wieder geschehen. Denn die Bibel ist mit ihren zahlreichen und lebensnahen Erzählungen von menschlichen Erfahrungen mit Gott immer ein lebendiger Text. Er spricht uns an, hält ein Wort bereit auf das, was wir aus unserem Leben heraus an ihn herantragen. Die Bibel ist nur dann eine wertlose Sammlung, wenn wir ihr nichts zutrauen, sie stehen lassen, als veraltet abtun, keinen Zugang finden oder uns vielleicht gar nicht darum bemühen. Was, wenn wir uns eigentlich gar nicht selbst berühren lassen wollen, die Wirkmächtigkeit ihrer Worte abschlagen, weil wir uns vor dem, was er in uns bewirken könnte, ängstlich verschließen?
Sehen wir unsere Schülerinnen und Schüler, so wissen wir, dass die wenigsten von ihnen die Bibel als Schatz erfahren oder gar kennen. Mühsam ist manchmal die Aufgabe, sie mit biblischen Erzählungen vertraut zu machen. Umso strahlender sind die Momente, in denen es uns gelingt, das Potenzial dieses Schatzes lebendig werden zu lassen. Die Autorinnen und Autoren der vorliegenden Publikation möchten Ihnen verschiedene Ideen und Anregungen dazu geben, biblische Geschichten im Unterricht zu erzählen und gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern zu erschließen. Den ersten aufschlussreichen Blick eröffnet Herbert Stettberger mit grundlegenden Fragen zur Bibel und ihrem Stellenwert in der heutigen Zeit. Die zwei folgenden Beiträge stellen das Erzählen als Methode in den Fokus: Martina Steinkühler und Thomas Hoffmeister-Höfener Machen jeweils aus ihrer eigenen Erfahrung heraus deutlich, wie grundlegend gelingendes Erzählen mit dem Interesse und der Neugier der Kinder im Zusammenhang steht.
Im anschließenden Praxisteil finden Sie Entwürfe zur Gestaltung eines BibelLapbooks (Daniela Bayer-Wied) und zum Nacherzählen einer Bibelgeschichte (Veronika Gäng). Wie der Bibelschatz nachhaltig gesichert und perspektivisches Erzählen als Annäherung an ein Glaubensgeheimnis im Unterricht gelingen kann, zeigen die Beiträge von Sabine Benz und Veronika Gäng.
Nicht zuletzt finden Sie interessante Filmtipps von Josef Gottschlich, wertvolle Literaturempfehlungen von Heike Helmchen-Menke und Veronika Gäng sowie Linktipps zur Bibel von Jonas Müller.
Serie / Reihe: IRP Lernimpulse für den katholischen Religionsunterricht an Grundschulen
Personen: Bayer-Wied, Daniela (Mitarb.) Gäng, Veronika (Red.)
B 92
IRP-Lern
2022
¬Die¬ Bibel : Geschichtenschatz / [Redaktion Veronika Gäng ; Mit Beiträgen von Dr. Daniela Bayer-Wied und 9 anderen]. - Freiburg : Institut für Religionspädagogik (IRP), 2023. - 61 Seiten : Illustrationen - (IRP Lernimpulse für den katholischen Religionsunterricht an Grundschulen)
ISBN 978-3-96003-028-7
Unterrichtsmodelle für den Primarbereich - Buch