Nach den bahnbrechenden Untersuchungen von Thibaut und Walker hat vor allem das Group Value-Modell von Lind und Tyler die Forschung zum Thema Verfahrensgerechtigkeit (procedural justice) geprägt. Der Beitrag unterzieht dieses Modell anhand empirischer Daten aus Verfahren der Bürgerbeteiligung bei technikrechtlichen Entscheidungen einer kritischen Würdigung und schlägt vor, die zu Grunde liegende Idee einer empirisch fundierten Theorie der Verfahrensgerechtigkeit auf einem allgemeineren Niveau soziologisch zu reformulieren. Konkurrierende Erwartungen an die prozedurale Gerechtigkeit konkreter Verfahren können als Widerstreit im Sinne Lyotards beschrieben werden. Vor diesem Hintergrund wird vorgeschlagen, "Verfahrensgerechtigkeit" als Semantik der Selbstbeschreibung von sozialen Systemen zu begreifen. Sie stellt eine Kontingenzformel mit der Funktion dar, in materieller und prozeduraler Hinsicht Paradoxien zu verdecken und die imaginäre Einheit des Verfahrens zu bezeichnen. "Verfahrensgerechtigkeit" wirkt deshalb nur unter hochspezifischen Bedingungen identitätsstiftend.
Enthaltene Artikel:- Wingens, Matthias: Berufliche Qualifizierung für Arbeitslose
- Bora, Alfons: Die imaginäre Einheit der Diskurse
- Frerichs, Petra: Klasse und Geschlecht als Kategorien sozialer Ungleichheit
- Zühlke, Sylvia: Mobilität oder Immobilität?
Serie / Reihe: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie
Personen: Friedrichs, Jürgen (Hrsg.)
Leseror. Aufstellung: Magazin
; 2000/Heft 1; 52(2000). - 52, 2000 - (Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie; Heft 1; 52(2000))
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