Die anhaltende Popularität der Soziologie von Norbert Elias (jedenfalls in Europa) ist vor allem auf seine Theorie des Zivilisationsprozesses zurückzuführen. In einer kritischen Diskussion dieses Werkes werden zunächst wichtige Lücken aufgezeigt. Vor allem aber stellt sich die Frage, ob das von Elias gezeichnete Bild eines immer mehr durch Über-Ich-Schranken, Scham- und Peinlichkeitsgefühle eingeschränkten ´zivilisierten Menschen' angesichts der Entwicklungen des 20. Jahrhunderts noch Gültigkeit beanspruchen kann; sowohl der fehlende Rückgang von Gewalt wie auch Prozesse der Pluralisierung und Auflockerung rigider Normen stehen im Widerspruch dazu. Es wird argumentiert, daß Elias seiner Analyse des Zivilisationsprozesses vier Mechanismen zugrunde gelegt hat, die er alle in einseitiger Weise in Richtung gesellschaftlicher Integration und individueller Restriktion konzipiert hat (,Disziplin'). Andere Konzeptualisierungen dieser Mechanismen wären aber möglich und sind sogar in seinem Werk angelegt (,Distinktion'), so daß die Einseitigkeiten von Elias' Interpretation nicht notwendigerweise weiter fortgeschrieben werden müssen.
Enthaltene Artikel:- Ludwig-Meyerhofer, Wolfgang: Disziplin oder Distinktion
- Familie und Delinquenz
- Kalter, Frank: Partnerschaft und Migration
- Welzel, Christian: Vom Konsens zum Dissens?
Serie / Reihe: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie
Personen: Friedrichs, Jürgen (Hrsg.)
Leseror. Aufstellung: Magazin
; 1998/Heft 2; 50(1998). - 50, 1998 - (Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie; Heft 2; 50(1998))
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