Diese neue Bibeldidaktik enthält sieben Kapitel, die einen klaren und gut strukturierten Aufbau bilden:
1. Ein erster Einblick: Worum 'drehen sich' bibeldidaktische Theorie und Praxis?,
2. Die Bibel: Was für ein Buch?!,
3. Warum ausgerechnet die Bibel als Bildungsbuch?,
4. Ein Blick in die biblische Hermeneutik,
5. Inspiration und Korrektive der Textauslegung,
6. Kinderbibeln als bibeldidaktische Nagelprobe,
7. Zwischen Kontinuität und Kontrast.
Burkard Porzelt möchte die Kernfrage klären, warum sich eine Beschäftigung mit der Bibel heute lohnt. Seiner Ansicht nach erfüllt die Bibel im Wesentlichen drei wichtige Funktionen:
Als Bildungsbuch stiftet sie zum einen eine Begegnung zwischen Subjekt, Gegenstand und den Interaktionen und Methoden, womit die Wirkung des didaktischen Dreiecks auch durch die Bibelarbeit für pädagogische Prozesse sichtbar werden kann.
Zum anderen fördert sie durch ihre Sperrigkeit und Fremdheit, die sie heutigen Leserinnen und Lesern entgegenbringt, ein hohes Maß an Kompetenz und Autonomie in Rezeptionsprozessen.
Und zum dritten bietet sie in ihrer Fülle an anthropologischen Erfahrungen, welche die Menschen der Bibel im Kontext ihrer Gottesbegegnung gemacht haben, auch für heutige Menschen eine große, lebendige Anschlussfähigkeit.
Zur Entfaltung dieser drei Funktionsebenen wählt der Autor einen systematisch-konzeptionellen Ansatz, indem der bibeldidaktische Forschungsstand rezeptionsgeschichtlich, methodisch-didaktisch und anwendungspraktisch im Sinne heutiger Kontexte erläutert und weiterentwickelt wird. Zahlreiche Primärquellen wechseln sich mit sehr prägnanten und hilfreichen Arbeitsimpulsen ab, so dass das Buch sich beispielsweise hervorragend für die Seminararbeit mit Studierenden und Referendaren eignet. In jeder Hinsicht ist die kritische Auseinandersetzung mit den Klassikern der Bibeldidaktik als wichtig und anregend zu bezeichnen. Horst Klaus Berg und Ingo Baldermann haben in den 1990er-Jahren des 20. Jahrhunderts die Frage nach dem Bildungswert der Bibel gestellt, beide unterliegen jedoch, so Porzelt, einem kulturpessimistisch-defizitären Bild von der heutigen Kindheit und Jugendzeit, so dass von einer meist negativ geprägten Gegenwart auf die gute und hoffnungsstiftende Kraft der Bibel verwiesen wird. Dieses dualistische Verständnis hält Burkard Porzelt ganz zu recht für sehr einseitig und weltfremd, zumal empirische Untersuchungen der Lebensbedingungen heutiger Kinder und Jugendlicher auch einen anderen Schluss zulassen: "In der Bibel prallen dunkle und [Hervorhebung H. L.] helle Seiten menschlicher Existenz ebenso aufeinander wie im Leben heutiger Schüler/innen und Erwachsener. Ein dualistisches Begründungsmuster, um die Bibel als bildend zu legitimieren, verfehlt somit nicht nur jene Erfahrungen, die wir heute machen, sondern gerade auch jene Geschehnisse, welche die Menschen der biblischen Zeit erlebten und als Gotteserfahrungen deuteten." (53 f.) Eine solch klare Analyse ist repräsentativ für dieses lesenswerte Buch, da sie durch den Perspektivenwechsel hermeneutisch wertvoll und prägnant die wesentlichen Faktoren untersucht, die für eine differenzierte und vor allem für heutige Leserinnen und Leser anschlussfähige Bibeldidaktik sehr wesentlich sind. Dass auch andere sprachlich- und außersprachlich-ästhetische Zugangsweisen den Weg zur Bibel eröffnen, zeigt Porzelt eindrucksvoll am Beispiel von Kinderbibeln, literarisch, musikalisch und künstlerisch geformter kultureller Gegenwartszeugnisse, die für die bibeldidaktische Umsetzung einer korrelativen Hermeneutik sehr gewinnbringend sind.
Personen: Porzelt, Burkard
Porzelt, Burkard:
Grundlinien biblischer Didaktik / Burkard Porzelt. - Bad Heilbronn : Klinkhardt, 2012. - 175 S. : Ill.
ISBN 978-3-8252-3656-4 kart. : ca. € 18,50
Bibel - Signatur: Bi-Al 116 - Buch