---

Rezension

Wir sind zurück in der brandenburgischen Provinz, am Schauplatz von Juli Zehs Erfolgsroman "Unterleuten". Hierher, in das fiktive Dorf Bracken, verschlägt es im Frühjahr 2020 aus Berlin die Werbetexterin Dora, 36, die genervt ist vom Lockdown, vom Homeoffice und vom selbstgerechten Weltverbesserungswahn ihres Freundes, einem militanten Corona-Mahner. Auf dem Land aber findet Dora keine Idylle vor, sondern ein marodes Haus, ein verwildertes Grundstück sowie einen Nachbarn, der sich mit "Angenehm. Ich bin hier der Dorfnazi" vorstellt. Denn in Bracken, einer AfD-Hochburg, wird "gepflegter Alltagsrassismus" praktiziert, gepaart allerdings mit pragmatischer Nachbarschaftshilfe und uneigennützigem Gemeinschaftssinn, und Doras ohnehin unklares Weltbild verheddert sich mehr und mehr in Widersprüchen ... - Subtil, unterhaltsam und nah am Zeitgeist beschreibt Zeh gesellschaftliche Wirklichkeit, demontiert Klischees und Vorurteile in entlarvenden Dialogen und mitunter fast slapstikartigen Einlagen, bis der Ton gegen Ende eine Wendung zum Ernsteren nimmt.

---

---

Personen: Zeh, Juli

Standort: SL

Interessenkreis: FRAUEN