Das Leben - ein Tanz auf dem Seil. (DR) Der Name Tyll schafft unweigerlich Assoziationen zu Till Eulenspiegel, dem wohl bekanntesten Narren und tragischen Helden des 13. Jahrhunderts. Kehlmann lässt seinen Tyll jedoch im 17. Jahrhundert zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges auftreten. Vielleicht hätte er seinen Tyll auch in der Gegenwart ansetzen können, doch das wäre zu plump, das wäre nicht Kehlmann. Aber die Frage steht im Raum: Wer wäre dieser Tyll wohl heute? Mit dieser Frage kommt eine Erkenntnis: Tyll, das ist ein Archetyp. Nicht der des Königs, Kriegers oder Magiers. Nein, der des Gauklers. Der des Seiltänzers, der sich zwischen den Antipoden der Macht geschickt durchs schwankende Leben tanzt und doch jederzeit Gefahr läuft abzustürzen. Wenn Sie Tyll begleiten, mit ihm zahlreichen bekannten und unbekannten Mächtigen und Törichten der Zeit begegnen, mit ihm zwischen Kriegsgetümmel und Dorfidyll umherziehen, dann lässt Sie die Frage nach sich selbst nicht los. Das Narrengewand ist das Gewand des Menschen an sich, es ist auch Ihres. Die Frage nach dem Menschsein ist für Tyll existentiell und so führt sie auch unweigerlich hin zur Frage nach Leben und Tod. Tyll ist historisch, literarisch, philosophisch und theologisch dicht und dabei schwebend in der Sprache. Das Buch ist wie der Mensch auf dem Seil. Einmal hingesehen und Sie werden nicht anders können, als gebannt weiterzuschauen und weiterzulesen! Ein Buch für alle, die den Mut haben, den Tanz auf dem Seil, der sich Leben nennt, zu wagen und dabei auf einen zu blicken, der vormacht, wie es gehen könnte.
Altersempfehlung: ab 18 Jahren.
Personen: Kehlmann, Daniel
Kehlm
Kehlmann, Daniel:
Tyll : Roman / Daniel Kehlmann. - Reinbek : Rowohlt, 2017. - 473 S.
ISBN 978-3-498-03567-9 fest geb. : ca. € 23,60
Schöne Literatur - Buch